Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht mit Artemis Fowl: Das einstige Verbrechergenie hat eine ausgewählte Handvoll Freunde und Verbündete aus den Reihen des Erdvolks zu einer geheimen Konferenz nach Island eingeladen – um dort keine geringeren Plan als die Rettung des Planeten zu präsentieren. Statt Diebstahl und Betrug also nun die selbstlose Rettung der Erde? An und für sich ist diese Wandlung schon erstaunlich genug, hinzu kommt jedoch, dass Artemis offensichtlich nicht mehr er selbst ist. Er leidet unter seltsamen Zwangshandlungen und Wahnvorstellungen, redet eine Menge Unsinn und wirkt völlig durch den Wind. ZUP-Captain Holly Short und der technikaffine Zentaur Foley stellen schnell die verheerende Diagnose: Artemis leidet unter dem sogenannten Atlantis-Komplex, der durch den Kontakt mit der Magie des Erdvolkes und einer Menge Schuldgefühle hervorgerufen wird.
Während der zunehmend verwirrte Artemis seine neueste Erfindung zur Rettung der Welt präsentiert, geschieht etwas Unfassbares: Aus dem All schießt plötzlich eine scheinbar außer Kontrolle geratene Raumsonde auf die Erde hinab, zermalmt ein ZUP-Shuttle, tötet um ein Haar Artemis und bohrt sich dann in Richtung Erdkern. Holly und Foley folgen der irrgeleiteten Sonde, die jemand umprogrammiert haben muss – doch mit welchem Ziel? Artemis ist ihnen dabei keine Hilfe, denn durch den Atlantis-Komplex hat sich seine Persönlichkeit endgültig gespalten. Statt Artemis‘ Genius steht den Freunden jetzt auf einmal nur noch dessen nervtötendes Alter Ego Orion zur Seite. Orion ist nicht nur ein verträumter Spinner und damit das genaue Gegenteil von Artemis, er ist zudem schwer verknallt in Holly und zögert nicht, dies bei jeder Gelegenheit kundzutun …

"Der Atlantis-Komplex" ist bereits der siebte Band von Eoin Colfers Artemis-Fowl-Romanen. Erneut müssen Artemis, Holly, Foley, Butler und Mulch Diggums eine Reihe höchst gefährlicher Abenteuer meistern, denn die Zukunft des Erdvolkes steht mal wieder auf dem Spiel. Diesmal ist es nicht die bösartige Opal Koboi, die als Drahtzieher im Mittelpunkt der fiesen Pläne steht, sondern ein anderer, ebenfalls nicht zu unterschätzender Gegner.
Der Roman besitzt einige spannende und ausgeklügelte Szenen, die Colfer alle Ehre machen, etwa die spektakuläre Flucht des Bösewichts aus dem Hochsicherheitsgefängnis in Atlantis, die jedem Hollywood-Streifen das Wasser reichen kann. Insgesamt ist dieser siebte Band jedoch leider deutlich schwächer geraten als die genialen Vorgänger "Das Zeitparadox" und "Die verlorene Kolonie". Zwar kann man nicht unbedingt sagen, dass die Luft raus ist aus der Serie, aber irgendwie wirkt dieser siebte Teil seltsam unfertig, er ist außerdem recht kurz geraten, was weniger Zeit als sonst lässt, spannende Wendungen und atemberaubende Geniestreiche von Artemis einzubauen. Die Übersetzung ist an manchen Stellen holperig und Colfer erklärt viele seiner Witze im Nachhinein, was ihnen leider die Pointe zerstört. Am Ende ist man ein bisschen enttäuscht und fragt sich, ob das nun schon alles war, zumal Artemis' Plan, die Welt zu retten, überhaupt nicht mehr erwähnt wird und eigentlich nur ganz am Anfang eine Rolle spielt.
Fazit: "Der Atlantis-Komplex" ist kein schlechtes Buch und unterhält die meiste Zeit glänzend, zumal es einfach Spaß macht, wie Holly und Foley sich mit Artemis' dämlichen zweiten Ich Orion herumschlagen müssen. Die Ansprüche der Leser waren allerdings durch die genialen Plots der beiden vorherigen Bände so dermaßen hoch, dass es für Colfer wohl einfach nicht zu schaffen war, das Niveau zu halten oder sogar noch zu steigern. Insofern ein durchaus guter Teil, der Spaß macht und ziemlich spannend ist - aber irgendwie ist man von Artemis Fowl doch mehr gewohnt.

Zur Leseprobe auf der Verlags-Website: "Der Atlantis-Komplex"