Ali Mitgutschs Wimmelbücher sind Klassiker und erfreuen sich seit Jahrzehnten sehr großer Beliebtheit sowie zahlreicher Neuauflagen. Dazu gehört auch "Mein Piraten-Wimmelbuch", aus dem Ravensburger Buchverlag. Im Unterschied zu vielen anderen Mitgutsch-Büchern verfügt dieses auf den Doppelseiten über kurze erklärende Texte, welche die abgebildeten Geschehnisse kommentieren.

Gezeigt werden Szenen aus dem Leben der Piraten, aber auch ein Querschnitt durch ein Piratenschiff und Details wie verschiedene Waffen, Schätze und einzelne Piraten werden vorgestellt. Die Szenen zeigen das Leben der Piraten in ihrem Unterschlupf, dem "Seeräubernest", die Kaperung eines Handelsschiffes, das Verstecken der eroberten Schätze auf einer unbewohnten Insel, ein Angriff auf die Piraten durch ein Kriegsschiff sowie die Gefangennahme der Piraten und deren Einkerkerung.

Das Wimmelbuch ist ganz im Stile der übrigen Mitgutsch-Bücher gehalten und jede Seite überrascht mit unzähligen Kleinigkeiten, die sich oft erst nach mehrmaligem Durchblättern bemerkbar machen. So sind auf allen Seiten skurrile und humorvolle Details zu finden, die das Betrachten des Buches nicht nur für Kinder zu einem Vergnügen werden lassen. Interessant für Eltern kann es auch werden, den Kindern zu erklären, was das Häuschen mit dem Plakat "Keine Kredite" zu bedeuten hat, aus welchem zwei ärgerliche Frauen gerade sehr unsanft zwei Männer befördern.

Neben dem lebhaften und fröhlichen Treiben der Piraten werden auch zwei Angriffe auf See dargestellt. Diese sind allerdings nichts für zarte Gemüter, sondern warten mit Zeichnungen von verängstigten Frauen und Kindern sowie viel Feuer und Rauch auf, wobei das Schiff der Piraten völlig zerstört wird und in einem rot-schwarz gefärbten Wasser untergeht. Hier stellt sich die Frage, weshalb der Autor zuerst das aufregende und wilde Leben der Piraten vorstellt, um diese später gefangen nehmen und in einen dunklen Kerker sperren zu lassen. Für Kinder bedeutet dies einen nicht verständlichen Einbruch in die Welt ihrer Identifikationsfiguren, der nicht zu erklären ist. Weshalb hier am Ende unbedingt die Stadtbewohner den Piraten überlegen sein mussten, und nicht einfach die Idylle vom abenteuerlichen Leben der Piraten auf hoher See, von Schatztruhen voller Gold und Edelsteinen oder von großen Festen auf einsamen Inseln aufrechterhalten wurde, erschließt sich den Betrachtenden nicht.

So bleibt am Ende des Buches nicht nur bei den Kindern die leise Enttäuschung über das Unglück der Piraten und nicht, wie vielleicht vom Autor beabsichtigt, die Freude mit den Stadtbewohnern über die Wiederherstellung der Ordnung und Sittsamkeit. Gerade bei einem Illustrator wie Mitgutsch, dessen Bilder sich sonst gerne über von der Gesellschaft gebotene Normen hinwegsetzen und diese eher mit einem schelmischen Augenzwinkern betrachten, ist der Ausgang dieses Buches verwunderlich und kommt sehr überraschend.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.