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 Aborea

Tischrollenspiel

Serie: Aborea
Autoren: Sebastian Witzmann
Illustratoren: Holger Kirste
Verlag: 13Mann Verlag

Cover
Gesamt +++++
Aufmachung
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis
Im Juli 2007 brachte der 13Mann-Verlag das neue deutsche Grundregelwerk für das Rolemaster-Rollenspiel auf den Markt. Drei Monate später folgte mit "Elisera" das erste Abenteuer, welches die Fans in eine neue Welt entführte: Aborea. Schauplatz des Geschehens war unter anderem ein kleines Dörfchen namens Leet, gelegen im Königreich Trion, welches auch in den Folgeabenteuern eine wichtige Rolle spielte. Und je mehr man über Leet und dessen Umgebung herausfand, desto größer wurde das Interesse der Spieler an dieser neuen Hintergrundwelt. Was gibt es noch über Trion zu wissen? Welche anderen Reiche existieren? Welche Götter werden verehrt? Diese und andere Fragen werden nun in "Aborea", der neuen Rollenspiel-Box aus dem 13Mann-Verlag, beantwortet.

Hält man die Aborea-Box in Händen, fallen dem erfahrenen Rollenspieler diverse Sonderheiten auf: Zum einen vermisst man das deutsche Rolemaster-Logo von 13Mann, zum anderen steht unter Aborea groß und breit "Tischrollenspiel" geschrieben. Was hat das zu bedeuten? Sollte man doch meinen, dass jeder, der sich für die Aborea-Box interessiert, mit dem Begriff Rollenspiel vertraut ist.

Die Lösung dieses Rätsels offenbart sich erst bei näherer Betrachtung des Schachtelinhalts: Die Aborea-Box wurde so konzipiert, dass sie – losgelöst vom Rolemaster-Regelwerk – als Einsteigerset in das Hobby Rollenspiel verwendet werden kann. Dies erklärt auch den für Rollenspielprodukte überraschend niedrigen Preis von 19,95 Euro.

Das erste Heft mit 54 Seiten ist an den Spieler adressiert und soll als Hinführung zu den Themen Rollenspiel und Charaktererschaffung dienen. Anhand eines kleinen Soloabenteuers zum Einstieg kann der Spieler seinen ersten Probecharakter zusammenbauen. Dazu verwendet wird eine stark abgespeckte Variante der Rolemaster-Regeln, die sich nur auf die Attribute konzentriert, was für diesen Zweck jedoch vollauf genügt. Im Anschluss daran werden traditionell die Völker Aboreas (Menschen, Elfen, Zwerge, Halblinge und Gnome) sowie die fünf Standard-Berufe Dieb, Priester, Krieger, Waldläufer und Zauberer vorgestellt. Nachdem der Neuling nun eine grobe Vorstellung von Rollenspiel hat, wird die Charaktererschaffung um Fertigkeiten und Kampfregeln erweitert. Das Kapitel "Magie" enthält neben grundsätzlichen Informationen zum Thema eine kurze Version der Zauberregeln und sieben Spruchlisten für die verschiedenen Arten von Magie wie Weiße Magie, Wilde Magie oder Wunder. Ausgehend von letzter Liste liefert das Kapitel "Göttliches" einen kurzen Abriss über Aboreas Glaubensrichtungen, mit einer Vorstellung der wichtigsten Gottheiten. Zwei Seiten Ausrüstung und zwei Seiten Abschluss (kurze Angaben zu Spielerwissen, Bewegung oder auch Erfahrungspunkten) runden das Heft ab. Das letzte Blatt enthält schließlich noch ein Glossar sowie – auf der Rückseite des Heftes – den Aborea-Charakterbogen.

Das zweite Heft mit 50 Seiten ist für den Spielleiter bestimmt. Auf einen dreiseitigen Schnellkurs zum Thema Spielleitung folgt die erste praktische Erfahrung: das Einstiegsabenteuer. Es handelt sich hier um einen klassischen Dungeon-Crawl, also die Erkundung einer unterirdischen Anlage, was zwar keine Punkte für Originalität verdient, aber als ersten Ausflug in Aboreas phantastische Gefilde sehr gut geeignet ist. Auf den folgenden acht Seiten wurden Informationen aus verschiedenen Bereichen des Rolemaster-Regelwerks zusammengestellt, von denen man glaubt, dass sie für einen unerfahrenen Meister von Relevanz sein könnten. Hierzu zählen unter anderem besondere Fähigkeiten einzelner Völker, weitere Ausführungen zum Großthema Kampf sowie Abschnitte über Leben und Sterben und Magie. Inwiefern man in einem Einsteigerregelwerk unbedingt Angaben darüber braucht, wie man mehrere Pfeile gleichzeitig abschießen kann, darüber mag zwar debattiert werden. Der Großteil der enthaltenen weiteren Regeln ist jedoch sinnvoll ausgewählt und dürfte einen Neulings-Spielleiter für eine Weile über Wasser halten.

Der zweite Teil des Heftes befasst sich mit der Spielwelt Aborea, genauer, mit dem Reich Trion auf dem Kontinent Palea. Nach allgemeinen Angaben zu Zeitrechnung und Sprachen auf der Landmasse werden Besonderheiten Trions wie Klima, Landschaft, Wirtschaft, Geschichte und vieles mehr auf drei Seiten beschrieben. Anschließend rücken einige ausgesuchte Orte Trions in den Fokus, unter anderem die bereits durch mehrere Abenteuer bekannte Siedlung Leet. Abschnitte zu Mächten und Gruppierungen sowie einer Kurzbeschreibung zu Trions Nachbarn runden das Kapitel ab.
Das folgende Kapitel liefert auf vier Seiten Ideen für weitere Abenteuer sowie einen Abenteuer-Generator, mit dem man relativ schnell einen neuen Abenteuerplot entwerfen kann. Natürlich sind die genannten Vorschläge allesamt Standards, für Rollenspiel-Neulinge nichtsdestotrotz eine reichhaltige Ideen-Fundgrube.
Zwei Kapitel zu Monstern und Schätzen (beziehungsweise Artefakten) beschließen das Spielleiter-Heft.

An Kartenmaterial finden sich in der Box eine etwa DIN A2 große Karte von Leet, die allerdings nicht als Grundrissplan entworfen wurde, sondern als Panoramablick aufs Dorf. Die zweite Karte ist enorm, denn sie stellt auf 118 mal 84 Zentimetern den Kontinent Palea dar, inklusive unzähliger Landes- und Ortsnamen. Zu guter Letzt finden sich noch ein schwarzer und ein roter zehnseitiger Würfel in der Schachtel.

"Aborea" ist ein hochinteressantes Produkt der deutschen Rollenspielszene. Es ist eindeutig nicht das, worauf Rolemaster-Spieler seit "Elisera" gewartet haben, nämlich eine umfassende Weltenbeschreibung. Allerdings erhebt "Aborea" auch gar nicht den Anspruch, eine Setting-Box zu sein. Es handelt sich hier vielmehr um ein Set, das Rollenspiel-Neulingen helfen soll, sich in das neue Hobby einzufinden. Und diese Aufgabe meistert "Aborea" fraglos mit Bravour. Nachdem klassische Einsteigersysteme für Fantasy-Rollenspiel in den letzten zehn Jahren immer komplexer geworden sind, ist diese Box etwas, was der deutsche Markt dringend benötigt hat: einfache Regeln, ein klares Setting und viele nützliche Hinweise zum Einstieg ins Rollenspiel. Leider weist "Aborea" aber auch einige Schwachpunkte auf: So stellt sich die Frage, warum man für Neulinge gleich den ganzen Kontinent auf zehn Seiten beschreiben musste, wo die meisten Abenteuer derzeit doch in einem kleinen Dorf angesiedelt sind. Hätte nicht eine Trion-Beschreibung gereicht? Und so schön diese große Karte auch sein mag, so ist sie doch grob überdimensioniert.
Auch bleibt unverständlich, warum trotz der Ausarbeitung von Leet keine genauere Dorfbeschreibung zu finden ist. Wer ist der Schmied des Ortes? Wo ist die Taverne? Wer tut im Wachturm seinen Dienst? Viele dieser Details kann man sich natürlich selbst ausdenken, aber wenn eine Box für Neulinge konzipiert wird, so sollte man ihnen Anhaltspunkte oder Beispiele liefern, die sie zur Weiterarbeit inspirieren.

Fazit: Mit "Aborea" ist 13Mann sicher ein guter Schritt in die richtige Richtung gelungen, nämlich ein übersichtliches Einsteiger-Set zur Förderung des Rollenspielnachwuchses zu veröffentlichen, das auch noch einen im Vergleich äußerst günstigen Preis hat. Leider wird der Neuling in mancher Hinsicht etwas im Regen stehen gelassen, da man das Konzept mit Palea zu weit gefasst hat, anstelle sich auf Leet und Trion zu konzentrieren. Erfahrene Rollenspieler werden an der Box wohl weniger Freude haben, da sich zu viel bereits Bekanntes enthält und die Weltbeschreibung trotz des "Aborea"-Titels eher mager ausfällt.

Ob die Box in Zukunft wirklich Rollenspiel-Nachwuchs anzieht, hängt von einer geschickten Vermarktung ab, die aber nicht Inhalt dieser Rezension werden soll. Der Box selbst muss man zwei verschiedene Wertungen geben: Für Rollenspielneulinge schafft sie es gerade so auf fünf Sterne, für alte Hasen sind ob der geringen Informationsdichte nur zwei Sterne drin.

Markus Goedecke



Magazin / Heft, | Erschienen: 7. Mai 2011 | ISBN: 978-3-941420-19-9 | Preis: 19,95 Euro | 104 Seiten | für 1 - 8 Spieler | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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