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Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn sie ... Doch als Marischa Sommer auf dem Nachhauseweg an jenem kalten 28. Dezember auf Katharina trifft, verändert sich alles. Eigentlich sollte es nur ein Notbehelf sein, etwas, um unkompliziert an Geld zu kommen, solange ihr niemand eine dauerhafte Arbeit gibt. Marischa Sommer gehört zur Generation Pratikum - sie existiert von unterbezahlten Aushilfsjobs und Praktika, doch diese führen zu nichts ...
So beginnt Marischa Sommer ihre Arbeit als Supervisor bei der ABC Communications, einer Sex-Hotline. Ihre Aufgabe ist es, die anderen Frauen der Hotline über ihre Kunden zu informieren, um diese so möglichst lange in der Leitung zu halten, doch wenn Not am Mann ist, muss auch Marischa zum Hörer greifen. Zu Anfang ist es noch ein Spaß, doch da Marischa sich auch so einwählt, um ihr Gehalt aufzubessern, wird es schnell zur Obsession. Eine Obsession, bei der sie lernt, wie man den Männern das Geld aus der Hose zieht, auch wenn die meisten sie wohl schon gar nicht mehr anhaben, wenn sie zum Telefon greifen. Sie rufen an, um sie stöhnen zu hören, oder weil sie einfach jemanden zum Reden wollen, und dann sind da natürlich noch die mit ihren eigenen Fantasien, die nur hier für sie erfüllbar scheinen.
Mit "Talking Dirty - Mein Job bei der Sex-Hotline" führt Autorin Marischa Sommer den Leser in eine Grauzone der Gesellschaft. Es ist ein Job, ein gut bezahlter noch dazu, doch erzählen will man niemandem davon.
Offen berichtet Marischa Sommer darüber, wie sie zu diesem Beruf kam, und den meisten Lesern dürfte der Spruch in den Sinn kommen "Ich war jung und brauchte das Geld", etwas, was man mit eher verwerflichen Berufen oder Aktionen gerne in Verbindung bringt. Trotzdem versucht Marischa Sommer Verständnis für die Frauen zu erwecken, die doch zu einem solchen, vermeintlichen verrufenen Beruf greifen.
Schnell muss der Leser aber auch einsehen, es geht erst einmal um Sex, der auch nicht verklärt wird, sondern die Autorin stellt den Charakter und die Zielsetzung einer solchen Hotline heraus. Trotzdem weiß Marischa Sommer eine Geschichte dramatisch rüberzubringen; ihre herausgegriffenen Männer, von denen sie berichtet, decken die Extreme männlicher Gelüste ab. Damit kann sie der Leserin und sicher auch vielen männlichen Lesern nur wenig Verständnis abringen, eher irritiert dies. Trotzdem erweckt sie auch Mitleid, denn außer Männern, die man weithin als Perverse bezeichnen würde, findet man hier auch tragische Figuren und das zu beiden Seiten der Leitung, denn speziell für die Kundschaft, die nur reden möchte, übernimmt man schnell mehr Verantwortung, als man denkt; viele sind Stammkunden und man verbringt viel Zeit mit ihnen.
Damit ist "Talking Dirty" von Marischa Sommer zwar kein spannungsgeladener Roman und auch nicht romantisch oder Ähnliches, aber sehr menschlich.
Eine
Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.