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Die USA befinden sich in einer ihrer schwersten Krisen – überschwemmt von Gewalt und zahllosen Verbrechen, die Straßen unsicher, die Bürger auf der Flucht in die attraktiveren Nachbarstaaten Kanada und Mexiko. Doch die Tage des Verbrechens sind gezählt: In zwei Wochen will die Regierung Schluss machen mit Mord und Vergewaltigung, mit Raub und Diebstahl, denn ab diesem Zeitpunkt wird flächendeckend ein Neurosignal ausgesendet, das es den Menschen ganz einfach unmöglich macht, ein Verbrechen zu begehen. Die Kritiker der Maßnahme sind entsetzt, doch der Countdown läuft.
Zwei Wochen sind nicht viel Zeit, doch Graham Bricke ist fest entschlossen, das Beste daraus zu machen: Er will einen allerletzten großen Coup und damit das letzte Verbrechen in der Geschichte der USA begehen. Es geht um Geld, viel Geld, doch alleine kann Bricke den Deal nicht durchziehen. Er holt sich Helfer, unter anderem die betörende Hackerin Shelby und deren schrägen Verlobten Kevin, der als Tresorknacker fundieren soll. Doch wo viel Kohle im Spiel ist, sind auch Misstrauen und Betrug nicht weit, und bald schon muss sich Graham ernstlich fragen, ob er die richtigen Leute für seinen Plan rekrutiert hat ...
"The Last Days of American Crime" ist eine coole Gangsterstory, die man jetzt gleich ins Kino bringen könnte. Allein der Titel ist ein Versprechen, das sofort Lust macht, in die Story einzutauchen, die spektakulären Eingangsszenen sind es umso mehr. Die Ausgangssituation: ein enges Zeitfenster, ein letztes großes Verbrechen, danach ein sorgenfreies Leben. Doch natürlich läuft die Sache ganz und gar nicht glatt für den Mittfünziger Graham Bricke, denn nicht nur seine eigene Crew spielt ihm übel mit, auch andere sind natürlich am Geldsegen interessiert, bevor die Gehirnwäsche der Regierung jeden kriminellen Impuls im Keim erstickt. Schon während der Vorbereitung auf Tag X pflastert Rick Remender seine clevere Story mit reichlich Blut und brutaler Gewalt, ganz wie es sich für eine kompromisslose Gangster-Story gehört. Die Handlung ist spannend, schnell und teils so komplex und von so vielen Personen bevölkert, dass man des Öfteren wieder zurückblättert, um sich letzte Details noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Stark (und nicht völlig abwegig) ist natürlich das Zukunftsszenario, in dem die US-Bewohner illegal die Grenzen nach Mexiko und Kanada überqueren, um dort ein besseres Leben zu führen, nachdem in ihrem eigenen Land Chaos und Anarchie herrschen, während die Regierung sich zum totalitären Herrscher über den freien Willen der Menschen aufschwingt.
Der Protagonist Graham Bricke ist inmitten dieser verkommenen Gesellschaft ein eher untypischer (Anti-)Held – wesentlich älter, als man es von den meisten Comicfiguren gewohnt ist, einerseits wild entschlossen und männlich-markant bis zur Grobschlächtigkeit, dabei aber in seinem Herzen weicher, als es den Anschein hat. Andererseits ist Bricke ein Mann mit einer offenbar traurigen Vergangenheit, der gemeinsam mit seiner geistig verwirrten Mutter einen schäbigen Trailer bewohnt.
Heimlicher Star der Story ist die laszive Shelby, die nicht nur Graham den Kopf verdreht und die zwar manchmal wie ein naives Dummchen oder wie eine Prostituierte wirkt, aber ausgesprochen schlau ist und weiß, was sie will.
Die Zeichnungen von Geg Tocchini stechen definitiv sehr stark aus der Masse anderer Veröffentlichungen heraus – meistens sehr positiv. Ganz selten entgleiten dem Zeichner komischerweise die Gesichter seiner Figuren so stark, dass man sich fragt, ob das nun Absicht oder ein zeichnerisches Missgeschick ist. Bis auf einige kleine Ausrutscher – manche Panels sind einfach wesentlich sorgfältiger als andere gemacht – sind die Zeichnungen aber großartig: blutig, sehr dynamisch und perfekt zugeschnitten auf Remenders Räuberpistole, in der lange nicht klar ist, wer welche Absichten hegt und wer als Sieger aus dem komplizierten und sehr gefährlichen Plan hervorgehen wird. Immer mehr nimmt die Handlung an Fahrt auf, denn am Ende bleiben Grahams Crew tatsächlich nur wenige Minuten, um ihr großes Ding perfekt durchzuziehen – oder alles zu verlieren.
So entfaltet vor dem Auge des Betrachters eine düstere, aufgedrehte Geschichte mit vielen Wendungen und noch mehr Leichen. Da wundert es kein bisschen, dass die Filmadaption für "The Last Days of American Crime" bereits für 2012 angekündigt ist.