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Im Jahr 1887 betrat mit Arthur Conan Doyles Roman "A Study in Scarlet" eine Romanfigur die Bühne der Kriminalliteratur, die unsterblich werden sollte – jedes Kind kennt den Namen Sherlock Holmes, jeder kennt seinen Freund und Kollegen Dr. Watson. Mit der Krimiserie "Sherlock", produziert von der BBC und in Deutschland auf ARD ausgestrahlt, erlebte der wohl berühmteste Detektiv der Literaturgeschichte im Jahr 2010 ein bemerkenswertes Comeback. Für diese Produktion wurden der scharfsinnige Holmes und sein Mitbewohner geradewegs in die Gegenwart geholt – und das mit außerordentlichem Erfolg, denn die Adaption in die heutige Zeit funktioniert einfach unglaublich gut und haucht dem berühmten Detektiv-Gespann frischen Wind ein, ohne dabei die charakteristische Art des Originals zu verderben. Die erste Staffel der preisgekrönten britischen Serie, die drei Folgen à 90 Minuten umfasst, ist nun auf zwei DVDs erschienen, die neben den drei Serienteilen auch einiges an Bonusmaterial beinhalten.
Im ersten Teil, "Ein Fall von Pink" (A Study in Pink) erlebt der gefesselte und gleichzeitig amüsierte Zuschauer, wie Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) und John Watson (Martin Freeman) sich kennenlernen, gemeinsam in eine WG ziehen und ihren ersten Fall lösen. Dieser hat es in sich: In London sind mehrere Menschen tot aufgefunden worden; offenbar haben sie alle das gleiche Gift geschluckt. Im Gegensatz zur Polizei und der Presse glaubt Sherlock Holmes jedoch nicht an Selbstmord. Er ist sich sicher, dass Mord hinter der schrecklichen – für Holmes schrecklich unterhaltsamen – Geschichte steckt. Doch wie bringt man eine Reihe von Menschen, die sich überhaupt nicht kennen, dazu, aus freiem Willen eine Giftkapsel zu schlucken? Holmes und Watson stoßen mit diesem Fall fast an ihre Grenzen, denn hinter all dem steckt ein wirklich perfider Plan …
Der zweite Fall, "Der blinde Banker" (The Blind Banker), führt Sherlock Holmes und John Watson erneut auf die Spur eines skrupellosen Mörders, der offenbar durch Wände gehen kann – alle Opfer wurden in ihrer Wohnung gefunden, wo die Türen von innen verschlossen waren. Wie konnte der Täter sich Zugang verschaffen? Holmes ist sich sicher, dass viel mehr hinter dem mysteriösen Fall steckt, als die Polizei glaubt, denn an den Orten, an denen die Opfer sich aufhielten, finden sich merkwürdige Symbole, die jemand mit einer Spraydose hingesprüht hat. Handelt es sich um einen Code, der das Motiv des Mörders offenbaren könnte? Ein harter Fall, der die beiden Ermittler nach Chinatown führt - und Watson in allerhöchste Gefahr bringt …
Im dritten und damit letzten Teil der ersten Staffel von "Sherlock", der den Titel "Das große Spiel" (The Great Game) trägt, wird Holmes von einem offenbar Geisteskranken zu einem perfiden Duell herausgefordert. Der Meisterdetektiv bekommt jeweils ein winziges Puzzlestück eines Rätsels per Smartphone übermittelt und erhält dann ein Ultimatum von wenigen Stunden, um den Fall zu lösen, andernfalls stirbt ein unschuldiger Mensch. Wer steckt hinter der grausigen Schnitzeljagd – etwa Holmes' Erzfeind, der diabolische Professor Moriarty? Obwohl Menschenleben auf dem Spiel stehen, findet Sherlock die ganze Sache höchst unterhaltsam, hatte er sich doch kurz zuvor noch mit Langeweile herumgeplagt ...
Die Autoren von "Sherlock", Steven Moffat und Mark Gatiss, haben mit dieser fantastisch unterhaltsamen Serie geschafft, was eigentlich unvereinbar scheint: die eigenwillige Figur des Meisterdetektivs Sherlock Holmes – geradewegs ins London der heutigen Zeit transportiert. Als Zuschauer ist man verblüfft, wie gut das funktioniert, denn alles erscheint vollkommen logisch. Natürlich würde ein Sherlock Holmes unserer Zeit ein Smartphone besitzen und sich ausgezeichnet mit moderner Technik auskennen, und natürlich würde John Watson statt eines Tagesbuchs ein Blog schreiben und im Internet veröffentlichen.
Auch andere typische Eigenheiten der originalen Romane wurden elegant importiert und angepasst – statt Pfeife zu rauchen, schwört Holmes auf Nikotinpflaster, und Watson ist gerade als Militärarzt aus dem Afghanistankrieg zurückgekehrt und kämpft mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich unter anderem in einem psychosomatischen Hinken äußert.
Neben dem sprühenden Witz, der immer wieder durchbricht und der das Anschauen wirklich zum reinen Vergnügen macht, lebt "Sherlock" aber vor allem von seinen großartigen Hauptdarstellern. Benedict Cumberbatch gibt einen (auch optisch sehr passenden!) Holmes, der brillant und soziopathisch, egoistisch und kindisch, weltfremd und unfassbar intelligent ist – und extrem schwer zu ertragen. Sein Gegenpol, Martin Freeman als John Watson, hält den exzentrischen Mitbewohner nur aus, weil er gutmütig und geduldig ist – und weil er seit dem Krieg nicht mehr ohne den Kick des Adrenalins leben kann, den er durch die gemeinsame Arbeit mit Holmes erhält. Cumberbatch und Freeman (der übrigens bald als Bilbo Beutlin in "Der Hobbit" zu sehen sein wird) geben ein so eingespieltes, geniales Gespann ab, dass man allein deshalb die Serie endlos weitergucken könnte. Die Dialoge sind schnell und sitzen, die Running Gags sind wirklich amüsant, etwa wenn Holmes und Watson wiederholt für ein schwules Pärchen gehalten werden. Sehr sehenswert sind auch Una Stubbs als Vermieterin Mrs. Hudson, Mark Gatiss als Mycroft Holmes und Rupert Graves als Inspektor Lestrade. Komplettiert wird dieser hervorragende Gesamteindruck durch die Qualität der drei Fälle, die jeder für sich hochspannend, originell inszeniert und mit verblüffenden Auflösungen versehen sind.
Die beiden DVDs enthalten neben den drei Folgen, die man auf Englisch oder Deutsch anschauen kann, auch Bonusmaterial: "Ein Fall von Pink" und "Das große Spiel" gibt es auch als Version mit Audiokommentaren von den Darstellern Cumberbatch und Freeman sowie von Autor und Produzent Mark Gatiss; das Making Of "Unlocking Sherlock" gibt einen interessanten Einblick in die Entstehung der Serie. Zusätzlich ist noch der exklusive Pilotfilm "Sherlock – A Study in Pink" enthalten.
Fazit: "Sherlock" ist Pflicht für alle Krimifans – witzig, supermodern und aufwändig inszeniert und dabei sehr einfallsreich und spannend. Nicht zuletzt durch die sehr hochkarätige Besetzung ist dieser Transfer der alten Klassiker in die Gegenwart einfach nur gelungen. Unbedingt anschauen!