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Venedig, Italien, 16. Jahrhundert. Die junge und äußerst attraktive Veronica Franco ist mit ihrem Leben des unteren Mittelstandes unzufrieden. Schon immer haben sie die Bälle und Empfänge der Hofgesellschaft mit ihren Tänzen, ihrer Musik und der Eleganz beeindruckt und zum Träumen verleitet. Jedoch ist ihr nur selten die Möglichkeit gegeben, die Adligen zu treffen oder gar mit ihnen zu sprechen. Dies ist aber ausreichend, um den jungen Adligen Marco Venier kennen zu lernen, dessen Eltern einflussreiche Bürger der romantischen Handelsstadt sind. Auch Marco scheint Interesse an der schönen Veronica zu haben und lässt sich von der Romantik der Stadt in die Liebelei führen.
Kaum kommt es zu Treffen der beiden, schieben Marcos Eltern der Sache einen Riegel vor und verbieten ihrem Sohn, sich derart unstandesgemäß zu verhalten. Sie fürchten um ihr Ansehen in der Stadt und bei den übrigen Adelshäusern.
Vom Schicksal hart getroffen flieht Veronica in die Arme ihrer Mutter Paola, die ihr ein jahrelang von ihr gehütetes Geheimnis anvertraut. Paola war einst die bekannteste Kurtisane Venedigs. Ihre Schönheit, ihr Wissen und ihre Eleganz ermöglichten es ihr, an den Geschehnissen der höfischen Gesellschaft teilzunehmen und mehr noch, sogar die Mätresse der reichsten Händler und bedeutendsten Adelsmänner zu werden. Veronicas Traum vom höfischen Leben scheint wieder greifbar zu sein, auch wenn sie Zweifel und Scheu an und vor der Arbeit einer Kurtisane vorerst verunsichern.
Durch die Lehre ihrer Mutter, die ihr die Etikette, höfisches Benehmen und vor allem verschiedenste Wissensgebiete näher bringt, erarbeitet sich Veronica jedoch bald die Fähigkeiten und Vorzüge, die den Unterschied zwischen einer Kurtisane und einer billigen Hure ausmachen - das Niveau und die Gesellschaftsfähigkeit. Gleich ihrer Mutter Paola schafft es Veronica, zur begehrtesten Kurtisane Venedigs zu werden, wobei ihr jedoch auch die dunklen Seiten dieses Geschäftes nicht verborgen bleiben. Gerade am Höhepunkt ihrer Karriere geschieht es, dass das höfische Leben und die Schenkung verschiedener Kostbarkeiten ein jähes Ende finden sollen. Die Heilige Inquisition ist durch eifersüchtige Spitzel auf das Treiben in Venedig aufmerksam gemacht worden. In diesem sieht sie die Ursache für das Ausbrechen der Pest und anderer Krankheiten und will nun dem gotteslästerlichen Treiben der Huren ein tödliches Ende bereiten. Veronica hingegen will nicht fliehen, sondern der Kirche und dem gesamten Adel zeigen, wie heuchlerisch die männerdominierte Gesellschaft in Wahrheit ist. Der Kampf beginnt
Ein beeindruckender Film über das Venedig des 16. Jahrhunderts und das Leben dessen Bürger. Die gut recherchierte und interessante Geschichte einer jungen Frau im mehrfachen Zwiespalt zwischen Liebe und Trieben sowie den Widersprüchen der Gesellschaft Venedigs schafft eine gelungene Darstellung des männerdominierten Gesellschaftsdenkens in dieser Zeit. Neben den detailreichen Kostümen, Accessoires und Einrichtungen wirkt vor allem die vielseitige Geschichte überzeugend. Nicht nur die Maßstäbe der damaligen Gesellschaftsunterschiede und Professionen, sondern auch die bunte Mischung aus Humor, Dramatik und Intrigenspiel verleihen dem recht unbekannten Film unerwarteten Tiefgang und Charme. Hierbei werden gekonnt die Widersprüche der Geschichte hervorgehoben. So zeigen nicht nur die Verwicklungen zwischen dem stolzen und prächtigen Adel mit den Huren und Streunern die Gegensätze der Gesellschaft, auch die für die Romantik bekannte katholische Stadt Venedig wird hier Schauplatz von Intrigen, Wollust und unkirchlichem Treiben.
Auch die Charaktere überzeugen durch ihr menschliches Auftreten, erfüllt von Neid, Habgier, Liebe, Trieb und Sehnsucht, wobei die Wandlung der Veronica am besten gelungen ist. Vom einfachen Bürgermädchen entwickelt sie sich zur einflussreichen Frau, die den höchsten Amtsträgern und Adligen den Kopf verdreht und durch Stil und Galanterie zum Objekt deren Begierde wird und sich schließlich zur Anklägerin der gesamten Gesellschaft vor der katholischen Kirche erhebt.
Besonders interessant ist vor allem das Bild der Gesellschaft von sich selbst. Neben einem Beispiel für "Adel verpflichtet" bekommt man einen guten Eindruck für verschiedene soziale Strukturen und den Umgang miteinander. Besonders hervorgehoben ist dabei natürlich der Unterschied zwischen der ordinären Straßenhure und der gelehrten Kurtisane. Gleiches Tun führt hier zum Unterschied zwischen Gossenleben und höfischem Reichtum und Einfluss. Man könnte auch sagen "wie aus der Hure eine Prinzessin wird" und darüber hinaus "wie aus dem einfachen Weib eine Kämpferin für die Selbsterkenntnis wird". Alles in allem ein überraschend guter Film mit lustigen und interessanten Elementen und ohne schleimige Gefühlsduselei.
Catherine McCormack, Rufus Sewell
USA, 1998
VHS