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Man hat es Maria, genannt Mania, Sklodowska sicher nicht an der Wiege gesungen, dass sie einmal die berühmteste Wissenschaftlerin der Welt werden würde, als die sie auch heute noch gilt, mit zwei Nobelpreisen ausgezeichnet – die Anzahl der Frauen, die überhaupt einen Nobelpreis erhalten haben, ist gering.
In ihrer Biografie der Marie Curie legt die Historikerin und Journalistin dar, wie sich ein kleines ehrgeiziges Mädchen aus dem von Russland beherrschten Teil Polens Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts allen Widrigkeiten zum Trotz zu einer exzellenten Wissenschaftlerin entwickelte, deren Entdeckungen und Grundlagenforschung das ausschließlich männliche naturwissenschaftliche "Establishment" schließlich nicht mehr ignorieren konnte.
Die Autorin lässt Marie Curies Kindheit in Armut und Abwesenheit der tuberkulosekranken Mutter, ihre Zeit als Gouvernante, eine unglückliche Liebe zum Sohn eines Arbeitgebers und schließlich ihr Studium in Paris lebendig werden, sie erzählt die aufflammende Liebe des Physikers Pierre Curie zu ihr nach, der eigentlich Frauen gering achtete, und der Leser lernt die harten Jahre in einem besseren Schuppen als Labor kennen, als die beiden, zuvorderst Marie, Radium und Polonium entdeckten.
Die harten, von Maries Depressionen überschatteten Jahre bis hin zum ersten Nobelpreis, die Kinder, Pierres tödlicher Unfall und Maries zunehmender Verfall, nicht zuletzt aber auch die verhängnisvolle Affäre mit dem Mathematiker Paul Langevin, schließlich der zweite Nobelpreis und die Fortsetzung der Erforschung der Radioaktivität durch Maries Tochter Irène und ihren Mann Frédéric Joliot werden ebenfalls sehr sensibel und informativ geschildert, und das Buch endet nicht mit Maries Tod – denn der Forschergeist ist auch in der nachfolgenden, der Enkelgeneration nicht erloschen.
Marie Curie, diese auf eine besondere, herbe Art schöne Physikerin, ist als Konterfei vielen Menschen bekannt. Ihr hartes, fast ständig von Entbehrungen geprägtes Leben hingegen machen sich die wenigsten bewusst, wenn sie mit dem Namen der großen Dame der Naturwissenschaften konfrontiert werden.
Es wurde bereits angeschnitten, wie behutsam und einfühlsam sich die Autorin der Figur der Madame Curie, aber auch ihren Töchtern widmet, wobei sie Ève nicht außen vor lässt, die sich mehr für das Klavierspiel und Mode als für die Physik interessierte und Marie deshalb viel weniger nahe stand als Irène.
Sowohl die männlich dominierten wissenschaftlichen Institutionen und all die Diskriminierungen, denen die geniale Marie Curie ausgesetzt war – so durfte sie als Frau ihre Arbeiten vor der Akademie der Wissenschaften nicht selbst vortragen – als auch die Hexenjagd, die nach Bekanntwerden der Affäre mit Langevin begann, stellt die Autorin empathisch, dabei jedoch immer sachlich bleibend, vor. Sie würdigt das Engagement von Marie und Irène Curie im Ersten Weltkrieg und umreißt, wie die Forschung an der Radioaktivität zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen verschiedenen Teams wurde, wobei eine weitere Frau eine bedeutende Rolle einnahm: Lise Meitner, die in diesem Buch sozusagen nebenher ebenfalls eine Würdigung erfährt.
Eine Reihe von in den Text integrierten Bildern, manche davon sehr persönlich, rundet das Bild ab. Im Anhang findet der Leser etliche weiterführende und ergänzende Informationen. Der naturwissenschaftlich "vorbelasteten" Rezensentin tut es besonders gut, dass sich die eigentlich fachfremde Autorin in das Fachgebiet offensichtlich bestens eingearbeitet und es verstanden hat; auch das spiegelt sich im Buch wider und hilft wiederum den Leser, die kom-plexe Materie zu begreifen, ohne deren Erläuterung "in a nutshell" eine Wissenschaftler-Biografie ziemlich hohl wirkte. Parallel hierzu erstaunt, wie gut es der Autorin gelungen ist, unterschiedlichste Originaldokumente in einer griffigen Biografie zusammenzuführen.
Barbara Goldsmith bietet dem Leser eine Fülle an spannend und empathisch aufbereiteten Informationen und ein paar Stunden fesselnden Lesegenuss – eine der besten Curie-Biografien auf dem Markt, vom weiblichen Standpunkt her vermutlich sogar die beste.
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