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Ben lebte zusammen mit seiner Mutter in ihrem kleinen Haus am Gunflint Lake in Minnesota. Bis vor drei Monaten der Unfall geschah. Bens Mutter starb und so zog er in das Häuschen nebenan - zu seiner Tante Jenny und seinem Onkel Steve - und teilt sich mit seinem Cousin Robby ein Zimmer. So gut er sich mit diesem aber auch versteht; er vermisst seine Mutter so sehr. Zusammen mit ihr erkundete er den Sternenhimmel, tauchte ab in ferne Welten und lebte seinen Drang nach Wissen und den Wundern in der Welt aus. Sie war die örtliche Bibliothekarin und ihr kleines Haus war immer voller Bücher. Seinen Vater hat Ben leider nie kennengelernt, alles was er von ihm hat, ist eine kleine muschelbesetzte Schildkröte, die er stets bei sich trägt.
Eines Abends traut er sich in "ihr" Haus zurück und findet ein ganz besonderes Buch: Wunderlicht. Es berichtet von den sogenannten Wunderkammern, die die ersten Museen darstellten und tatsächlich findet er an diesem Abend auch Hinweise auf seinen Vater! Doch das nahende Gewitter führt zu einem weiteren Unfall. Ben findet sich in einem Krankenhaus wieder und alles ist plötzlich so still. Aber er lässt sich nicht aufhalten - Ben möchte seinen Vater finden und muss dazu nach New York ...
1927 - 50 Jahre früher:
Rose ist gehörlos und lebt allein mit ihrem Vater in Hoboken, New Jersey. Von ihrem Fenster aus sieht sie die Skyline New Yorks. Sehnsüchtig betrachtet sie stets die fernen Gebäude - dort lebt die berühmte Schauspielerin Lily Mayhew. Rose sammelt jeden Bericht über sie, klebt alle säuberlich in ein Album ein. Ihr Zimmer gleicht außerdem einer Miniaturversion von New York, denn sie bastelt das was sie in der Ferne sieht nach. Jedes Haus, jeder Wolkenkratzer wird von Rose in Papier nachempfunden. Ihre Sehnsucht ist groß, so groß, dass sie niemand halten kann, als sie aus dem Haus flüchtet. Flüchtet nach New York ...
Nach dem großen Erfolg mit "Die Entdeckung des Hugo Cabret" ist Brian Selznick mit "Wunderlicht" erneut ein wahrlich wunderbarer Jugendroman gelungen. Parallel erzählt er Bens und Roses Geschichte - seine in Texten, ihre in Bildern. Beeindruckend sind die immer über zwei Doppelseiten gehenden Bleistiftzeichnungen Selznicks. Er vermag es mit einigen Zeichnungen mindestens so viel zu sagen wie mit einigen Seiten Text. Bemerkenswert sind die von ihm damit übertragenen Stimmungen - Selznick ist ein Geschichtenerzähler mit Fleisch und Blut und zwar in Bild und Wort.
Einfühlsam berichtet er von der Suche des jungen Ben nach seinem Vater, die zugleich eine Suche nach Liebe ist, nachdem seine Mutter nun so früh verstorben ist. Außerdem sucht Rose nach Zuneigung, sie möchte raus in die Welt und sich nicht ob ihrer Behinderung verstecken. Was er findet und sie erwartet, soll hier nicht verraten werden, aber beide Geschichten ranken sich sowohl um Liebe, wahre Freundschaft, Zusammengehörigkeit und auch Toleranz.
Obwohl die zwei Erzählperspektiven 50 Jahre auseinander liegen, schafft Brian Selznick es, sie zusammenzuführen - eine Verbindung herzustellen. Und trotz der traurigen Situation beider Protagonisten ruft der Roman keine depressive Stimmung hervor - im Gegenteil, er vollbringt es ein glückliches Lächeln auf die Lesergesichter zu zaubern. Und auch Tränen dürfen zu einem solchen Leseerlebnis gehören, sie machen das Gesamterlebnis noch mehr zu etwas Besonderem.
Ans Ende gestellt findet sich eine ausführliche Danksagung des Autors, in der er auch über die Entstehung des Romans spricht. Eine dreiseitige "Auswahlbiografie" gibt Interessierten, an den in der Geschichte angesprochenen Themen, eine gute Literaturliste an die Hand.
"Wunderlicht" ist ganz einfach schön, wunderbar, herzlich und berührend. Wer zudem einen Hang zu Museen hat und sich gerne ihrer besonderen Magie ergibt, wird sich hier zu Hause fühlen - ganz egal welchen Alters. Zu Hause in Brian Selznicks ganz eigener Wunderkammer.