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Die erste Staffel von "Sherlock" war ein echter Überraschungserfolg. War man sich anfangs noch nicht so ganz sicher, was man denn von einer Neuinterpretation von Arthur Connan Doyles "Sherlock Holmes"-Stoff in der Welt des 21sten Jahrhunderts halten soll, war doch schon nach wenigen Minuten klar, dass man eine originelle, hochwertige, intelligente und unterhaltsame Serie von hoher filmischer Qualität geboten bekommt. Mit der zweiten Staffel geht es genauso überzeugend weiter, an manchen Stellen hat sie sich sogar durchaus noch gesteigert, schließlich stand den Machern aufgrund des großen Erfolgs diesmal ein deutlich höheres Budget zur Verfügung.
Die Serie hat insgesamt ein ungewöhnliches Format, so besteht jede Staffel aus "nur" drei Folgen, die jedoch jeweils mit neunzig Minuten Spielfilmlänge haben.
Ein Skandal in BelgraviaDie erste Folge steigt genau da ein, wo die letzte endete: Bei Holmes und Watson, wie sie in einem Schwimmbad von Moriaty bedroht werden. Die Auflösung dieser Szene wird ebenso rätselhaft wie unspektakulär gezeigt, lässt Raum für Spekulationen und setzt die eigentliche Handlung in Gang. Sherlock Holmes wird auf Irene Adler angesetzt, die er später nur noch "Die Frau" nennen soll und die eine bis dahin ungewöhnliche, emotionale Komponente in die Serie einbringt. Dabei fragt man sich immer, wer hier nun eigentlich wen als Werkzeug für seine Zwecke benutzt. Irene Adler Sherlock? Sherlock Holmes die geheimnisvolle Frau? Oder gibt es noch andere, die hier ihre Finger im Spiel haben, zum Beispiel Sherlocks Bruder Mycroft Holmes?
Bemerkenswert ist das Ende der Folge, das dem Zuschauer eine Frage auf erstaunlich simple Art beantwortet.
Die Hunde von BaskervilleEin geheimnisvoller "Hound" soll in der Umgebung einer wissenschaftlichen Forschungsstation sein Unwesen treiben. Groß wie ein Pferd soll er sein und extrem gefährlich. Henry Knight hat den Hound bereits einmal aus nächster Nähe gesehen, als kleiner Junge musste er mit ansehen, wie er seinen Vater umgebracht hat. Da es sich bei diesem Ungeheuer keineswegs um einen gewöhnlichen Hund halten kann und niemand so genau weiß, was in dem Forschungslabor wirklich vor sich geht, steigern sich die Gerüchte ins absurdeste. Oder ist doch etwas dran an der Vermutung, dass Genexperimente ein Monstrum wie einen riesigen Hund mit leuchtendem Fell und riesigen roten Augen hervorbringen können, der Jagd auf Menschen macht?
Der ReichenbachfallSchon der Titel verrät, worum es in dieser Folge geht. Natürlich steht die Konfrontation von Sherlock Holmes und Moriaty im Mittelpunkt. Und ganz, wie es die Erwartungen, die man in die Folge setzt, bereits prophezeien, wird direkt zu Anfang Holmes' Tod angekündigt. Was folgt ist ein Schlagabtausch zweier Genies, der seinesgleichen sucht und bei dem man dem angekündigten Ausgang einfach keinen Glauben schenken mag. Selbst dann nicht, als das Unvermeidliche nicht mehr abänderbar erscheint...
Mit den Folgen "Ein Skandal in Belgravia", "Die Hunde von Baskerville" und "Der Reichenbachfall" ist es der "Sherlock"-Serie gelungen, echte Superlativen ins Spiel zu bringen. Die vielleicht drei größten Themen um die Figur des berühmten Detektivs werden hier in Szene gesetzt. Zuerst ist es "Die Frau", dann Holmes wohl bekanntester Fall "Der Hund von Baskerville" und letztendlich der Widersacher, der es, Holmes ebenbürtig, geschafft hat, sich als Erzfeind in den Köpfen der Fans zu etablieren. Es ist natürlich von niemand anderem als Moriaty die Rede, der bereits in den vorangegangenen Folgen durch mehr oder weniger wichtige Szenen und Erwähnungen im Fokus stand.
Wer die Originalgeschichten nicht sehr gut kennt, dem werden viele Anspielungen auf ebendiese entgehen. (Zum Glück gibt das Booklet einen kleinen Einblick.) Auf den ersten Blick scheint es so, als hätte man es mit komplett neuen Geschichten und Begebenheiten zu tun, und lediglich der Protagonist und sein bester Freund hätten die Namen der legendären Romanfiguren übernommen. Viele Hinweise, Zitate, Namen, Begebenheiten und mehr tauchen jedoch auch in den Originalen auf und tatsächlich orientieren sich sogar die einzelnen Handlungsstränge an den Erzählungen Doyles. Auch die Charaktere, allen voran natürlich Holmes und Watson, wurden sehr passend umgesetzt, ohne allzu sehr verfälscht zu werden. Trotzdem wirklich sie absolut modern. Besonders die Tatsache, das Sherlock hier offen als Soziopath bezeichnet wird, ist interessant. Schien das in der ersten Staffel noch hauptsächlich als Erklärung für sein Verhalten zu dienen, wird Sherlock jetzt viel öfter mit dieser, seiner, Dysfunktion konfrontiert. Emotionen und zwischenmenschliche Beziehungen rücken deutlich mehr in den Mittelpunkt und schaffen es so, dem Zuschauer die Hauptfiguren noch näher zu bringen.
Wunderbar anzusehen sind die absolut gelungenen Kameraeinstellungen, die Bildbearbeitung, der Schnitt und die daraus entstehenden Bildkompositionen. Das mag hochtrabend klingen, ist bei der intensiven Bilderwelt, die hier geboten wird, denoch eine durchaus passende Beschreibung. Immer wieder neue Kamerafahrten, ungewöhnliche Perspektiven, das Spiel mit der Nähe, Unschärfe und Schwenks machen die Serie auch optisch zu einem absoluten Highlight. Die Macher von "Sherlock" haben einen modernen "Look" erschaffen, der begeistert. Unterstützt wird er durch das gestochen scharfe Bluray-Bild.
Doch natürlich wäre die Geschichten ebenso wie die gelobten Bilder nur halb so gut, wären da nicht die talentierten Schauspieler. Benedict Cumberbatch gelingt es vorbildlich, den eingebildeten, intelligenten und dabei trotzdem oft tollpatschig wirkenden, modernen Sherlock Holmes zu verkörpern. Martin Freeman glänzt in der Rolle seines besten und einzigen echten Freundes Dr. John Watson, der als Verbindungsglied zwischen Holmes ganz eigener Welt und dem realen Leben fungiert. Im Team stacheln sie sich deutlich zu Höchstleistungen an und brillieren vor allen Dingen in den zahlreichen Dialogen untereinander. Gerade hier kommt auch der Humor nicht zu kurz.
Für alle, die "mehr" wollen, liegen zwei Folgen mit einem Audiokommentar vor und das Booklet wurde mit zahlreichen Infos versehen. Außerdem gibt es wieder ein gelungenes Making-Of.
Fazit"Sherlock" ist eine der besten Serien, die das Fernsehen in den letzten Jahren hervorgebracht hat. War die erste Staffel bereits ein Highlight, ist die zweite fast noch etwas hochwertiger und unterhaltsamer. Wer die Fans auf seiner Seite, Erfolg und ein gutes Budget hat, wird offensichtlich zu Höchstleistungen angespornt.