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Vor dem bedrückenden Hintergrund des Dritten Reiches ist der dritte Fall von Kommissar Berger angesiedelt. In Hamburg verschwindet ein kleines Mädchen spurlos, es scheint vom Erdboden verschluckt zu sein. Nach einiger Recherche stoßen Berger und seine Kollegen auf Briefe, die ein unbekannter Täter an junge Mädchen schreibt. "In Deinem schönen Leibe, locken die Eingeweide" wird da fantasiert, es geht um Tötung und Ausweidung der Empfängerinnen. Als zusätzlich Fälle der Vergangenheit bekannt werden, bei denen ebenfalls junge Kinder spurlos verschwunden sind, verfestigt sich der Verdacht, es mit einem Serientäter zu tun zu haben. Doch wie konnte er so lange unerkannt Kinder entführen, und was ist mit diesen Kindern passiert?
Jürgen Ehlers hat erneut einen lange vergessenen Fall wieder ausgegraben und die wenigen bekannten Tatsachen für seinen Krimi verwendet. In einem Nachwort wird erklärt, was Tatsache und was Fiktion ist - beim Lesen selbst verschwimmen die Grenzen und der Leser kann nicht klar einschätzen, was dazu gedichtet wurde. Zu diesem Gefühl trägt bei, dass der Hintergrund des Geschehens so eindringlich beleuchtet wird. Berger, mit einer Halbjüdin verheiratet und Stiefvater eines Mädchens, das zu drei Vierteln Jüdin ist, hat ganz persönliche Gründe, dem beginnenden Wahnsinn in Deutschland skeptisch gegenüber zu stehen. Die Gründe, warum dieser Mann, der sich mit der Ideologie der Nazis nicht anfreunden kann, in die NSDAP eintritt und alles versucht, um nicht aufzufallen und seine Familie zu schützen, werden zwar einfühlsam erklärt, aber niemals als Rechtfertigung angeführt.
Diese enge Verflechtung von Kriminalarbeit und Privatleben des Kommissars tut der Handlung gut und sorgt dafür, dass der Leser tiefer in sie einsinken kann. Die eigentliche Aufklärung des Falls ist an einigen Stellen dem Zufall zu verdanken, ein Umstand, der den Spaß beim Lesen nur geringfügig beeinträchtigt.
Durch den besonderen Sadismus des Täters, der auch in Briefen an junge Hamburgerinnen zu Tage tritt, werden die Beschreibungen zwar stellenweise explizit, sind aber im Vergleich zu jedem Fernsehkrimi noch zurückhaltend.
Besonderes Highlight dieses Krimis ist die menschliche Komponente, die immer wieder zum Vorschein tritt. Sei es der Kommissar, der sich um seine Tochter und seine Frau kümmert, oder die Tochter selbst, die mitten in die Wirren der Reichspogromnacht gerät und so hautnah miterlebt, wie einfach Hass und Gewalt entfesselt werden können. Die handelnden Personen sind immer realistisch beschrieben, sie sind keine bösen Menschen, aber auch keine Helden und kommen so dem Leser ziemlich nah.
Die weiteren Bände der Reihe sind "Mitgegangen" und "Die Nacht von Barmbeck", sowie "Neben dem Gleis", der sich in der Zukunft mit Bergers Sohn Horst beschäftigt.