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Sherry Cracker ist eine junge Frau, die mit ihren Altersgenossinnen nicht viel gemein hat - stattdessen gilt sie in ihrer kleinen Heimatstadt als merkwürdig, was ihr schon mehr als einmal Hausverbot in diversen Cafés eingebracht hat. Eine Vorliebe für karierte Hosen und Power-Walking, der Spleen, jegliche Graffitis und Sinnsprüche zu notieren, denen Sherry unterwegs begegnet, und die Unfähigkeit zu halbwegs normalen Gesprächen tragen nicht unwesentlich zu diesem Zustand bei.
Schließlich wird sogar Sherrys chinesischem Arbeitgeber Mr. Chin, der mit Zahngold handelt und ein recht wundersamer Mensch ist (auch wenn er das völlig anders sieht), ihre Art zu bunt. Er drückt ihr 100 Pfund in die Hand und gibt ihr den Auftrag, bis Montag endlich "normal" zu werden.
Wege in die Normalität gibt es viele und Sherry ist gewillt, diese einmalige Chance zu nutzen. Doch Psychotherapeuten, Hypnose-Spezialisten und New-Age-Experten führen sie nur immer tiefer ins Chaos hinein und bringen ein verrückt-rätselhaftes Wochenende mit sich, an dessen Ende Sherry eine überraschende Entdeckung macht...
Mit Sherry Cracker hat Autorin D.J. Connell eine Romanfigur geschaffen, die so skurril wie liebenswert ist, hat man sie erst einmal etwas näher kennen gelernt. Gleichzeitig ist Sherry aber auch recht anstrengend und wirkt wie jemand mit ausgeprägtem Asperger-Syndrom. Da der Leser das Wochenende ausschließlich durch ihre Augen wahrnimmt und so intensiv teilnimmt an Sherrys lebhafter, oft von Zwängen beherrschten Gedankenwelt, ist auch das Lesen dieses Romans manchmal ein kleines Abenteuer, zu dem nicht jeder Zugang finden wird.
Nicht alles ergibt Sinn, oft genug rätselt man über die Vorkommnisse in der Stadt, die mehr als mysteriös sind. Am Ende wird alles Sinn ergeben und sich in einem großen Finale auflösen, doch bis es soweit ist, klappert Sherry eine Reihe von Therapeuten und zwielichtigen Heilsbringern ab, um endlich "normal" zu werden. Natürlich können die Aufgesuchten, die weit mehr auf Sherrys Geld als auf ihre Psyche abzielen, ihr nicht helfen, ganz im Gegenteil. Dennoch macht die junge Frau an diesem einen ereignisreichen Wochenende, an dem sich die Geschichte zuträgt, wichtige Erfahrungen und findet zum ersten Mal in ihrem Leben Freunde. Immer wieder blitzen durch die skurrile Art der Hauptfigur die Gründe durch, die sie zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Der Leser trifft dabei auf eine tief verletzte und vernachlässigte Frau mit einer schwer gestörten Mutter. Insgesamt überwiegen aber humorvolle und verrückte Momente, vor allem dann, wenn Sherrys Arbeitgeber Mr. Chin zu Wort kommt. Seine einzigartige Art zu reden und seine strikte Sicht der Welt sind auf abgedrehte Weise amüsant und reizen immer wieder zum Schmunzeln.
"Hier kommt Sherry Cracker" ist skurril und durchaus auch spannend, der Leser muss sich aber unbedingt auf die schräge Art der Hauptfigur einlassen, um das Buch zu genießen. Wer bestimmt eigentlich, was normal ist? Ein abenteuerliches Wochenende und eine kleine Stadt, die vollgestopft ist mit den merkwürdigsten Bewohnern, lassen die Antwort auf diese Frage bald erahnen: Normal ist nicht, was andere Leute uns diktieren, sondern normal ist, was uns glücklich macht.
Eine Leseprobe gibt es auf der Website von Rowohlt.