Mit dem Fotoband "Planet Lovigin", erschienen im Kehrer Verlag, gibt der Fotograf Petr Lovigin einen Einblick in sein ganz eigenes Universum. Darin nimmt er seine Betrachterinnen und Betrachter mit auf eine bunte Reise quer durch Russland und den Kaukasus, die voller Überraschungen steckt und immer wieder aufs Neue Verblüffendes offenbart und bereithält.

Zu entdecken gibt es allerlei Mögliches und Unmögliches. Ältere Damen am Ufer der Wolga, die Hula-Hoop-Reifen um die Taille kreisen lassen oder sich ein Gefecht mit großen aufblasbaren Badetieren liefern. Eine Café-Angestellte, bei deren Anblick es scheint, als sei die Zeit stehengeblieben und die junge Frau geradewegs aus "Alice im Wunderland" entsprungen. Oder ein Mütterchen, das bunte Socken mit der Aufschrift "Love" trägt, die so gar nicht zum übrigen Aussehen passen wollen, und vielleicht gerade deswegen irgendwie doch passen.

Lovigins Einfälle und Bildkompositionen sind phänomenal. Erscheinen die Fotografien auf den ersten Blick oft noch als Momentaufnahmen und erinnern in ihrer Art an Street Photography, so wird schnell klar, dass es sich hier doch um etwas anderes handelt. So unverfälscht die Aufnahmen auch wirken mögen, sie sind doch auf das Feinste arrangiert und abgestimmt und genau dies macht auch das Spannungsverhältnis in Lovigins Fotografien auf.

Den Betrachtern wird eine Welt präsentiert, die voller Skurrilität und verrückter Ideen steckt und wo es nie ganz klar ist, ob das präsentierte Motiv nun aus sich heraus "echt" ist oder doch eher der Vorstellungskraft Lovigins entspringt. Letztlich spielt dies auch gar keine Rolle, gibt es doch sowohl Protagonisten als auch Betrachtern die wunderbare Möglichkeit, einmal alle althergebrachten Vorstellungen über Bord zu werfen und sich ganz im bunten Bilderstrudel treiben zu lassen. "Alles ist möglich" scheint die Devise des Fotografen zu lauten und es gelingt ihm meisterhaft, dies seinen Betrachtern glaubhaft zu vermitteln. Dazu kommt, dass Lovigin auch vor dem fertig aufgenommenen Bild nicht Halt macht. Er spielt mit den Farbskalen, Sättigungsgraden, lässt die Bilder künstlich altern oder verwandelt diese in Ansichtskarten aus der UdSSR.

Es sind jedoch nicht nur die Aufnahmen selbst, die diese Atmosphäre zwischen Traum und Wirklichkeit entstehen lassen, sondern auch die Gestaltung des gesamten Bildbandes trägt dazu bei. Durch das ganze Buch hinweg sind Zitate und Unterhaltungsfragmente eingestreut, die Persönliches von Lovigin vermitteln und den Eindruck erwecken, als sei Petr Lovigin gerade eben noch da gewesen und nun hingen seine Worte in der Luft.

Fazit: Das Universum Lovigin ist groß, bunt, verträumt und unerwartet. Diesen wunderbaren Roadtrip durch Russland und den Kaukasus sollte man sich nicht entgehen lassen.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.