Mit "Engelsgrab" hat Danielle Ramsay im Piper-Verlag ihr Romandebüt vorgelegt. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Detective Inspector (DI) Jack Brady, der das Zeug zu einem richtigen Antihelden hat ...

Jack Brady ist seit vielen Jahren Polizist und hat den Job noch auf der Straße gelernt, quasi von der Pike auf. Mittlerweile steckt er jedoch im System fest und kann beobachten, wie alte Kollegen und Quereinsteiger an ihm vorbeiziehen. Doch so wie die Dinge liegen, ist ein Aufstieg für Brady nicht in Sicht. Das liegt in erster Linie an seiner direkten Art, die schon so manchem Vorgesetzten ein Dorn im Auge war. Doch nicht nur beruflich ist der Inspector in einer Sackgasse gelandet. Zwischenzeitlich wurde er von seiner Frau verlassen und im Dienst verwundet und befindet sich gegenwärtig in therapeutischer Behandlung. Kaum ist Brady wieder im Dienst, wird er mit einem Fall konfrontiert, der ihm an die Nieren geht: Ein junges Mädchen wurde getötet und anschließend massiv verstümmelt. Hierbei gibt es einige Besonderheiten. Sowohl der Stiefvater, als auch der Klassenlehrer scheinen etwas zu verheimlichen. Zu allem Überfluss ist der ursprünglich für die Ermittlung vorgesehene Kollege abgetaucht und macht sich hierdurch ebenfalls verdächtig ...

Die Geschichte rund um den mysteriösen Mord ist durchaus spannend und wird temporeich erzählt. Doch immer, wenn die Handlung gerade Fahrt aufnimmt, bremst die Autorin die Geschichte massiv aus, indem sie die privaten Probleme des Ermittlers in den Vordergrund rückt.

Die Handlung des 336 Seiten umfassenden Buches dreht sich sogar überwiegend um die Probleme von Jack Brady. Dieser wird solide charakterisiert und erscheint durchaus authentisch, doch bleiben alle Charaktere neben ihm seltsam blass. Der loyale Partner, der intrigante Kollege oder die attraktive Therapeutin sind allesamt beliebig und austauschbar.

Auch beim Ort der Handlung besteht ein auffälliges Missverhältnis. Die Kleinstadt im Nordosten Englands scheint nur aus wirklich finsteren Ecken zu bestehen. Hier hat die Autorin etwas dick aufgetragen.

Verkaterte und chronisch schlecht gelaunte Ermittler begegnen dem Leser von Kriminalromanen häufig, doch die Autorin hat es geschafft, mit Jack Brady einen Antihelden aufzubauen, der authentisch ist und überzeugen kann. Es bleibt abzuwarten, ob Danielle Ramsay noch weitere Krimis rund um den schnoddrigen Ermittler vorlegen wird. "Engelsgrab" erweist sich als ein solides Debüt, das durchaus lesenswert ist, wenngleich der Schwerpunkt mehr beim Protagonisten und weniger bei dem zu lösenden Mordfall liegt.