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Es gibt Romane, die nach klassischer Definition eigentlich gar keine sind. Das Paradies der Schwerter ist so einer, denn dass sich die Hauptpersonen wirklich weiterentwickeln, kann man eigentlich nicht sagen. Nichtsdestotrotz ein großartiges Buch, und, oh Wunder, ein Einzelband in der Fantasy, in der doch sonst nichts unter einer Trilogie geht.
Ein großes Turnier findet in der Stadt des Bischofs und unter seiner Schirmherrschaft statt. Ein Turnier auf Leben und Tod. Und von überall kommen die Recken zusammen und jeder hat seine eigene Geschichte. Da ist Saul, ein Hüne, der eine Art Pflug hinter sich her zieht und das durchs ganze Land, eine fast mythische Figur, der in seinem Pflug verheddert eine Ankündigung findet und mitkämpfen will. Da sind die Brüder Eljatin und Andreus, die das großartige Schwert des Vaters geerbt haben, die ihre Familie irgendwie durchbringen wollen und deswegen am Turnier teilnehmen.
Der Leutnant hat eine großartige Geschichte, denn er war in seiner Jugend einer von fünfzig Söldnern, die in einem Turnier gegen eine Bande von fünf Banditen antraten. Die Banditen schafften viele, aber nicht jeder die zehn Kämpfer, von denen die Legende sprach. Der Leutnant war es, der zufällig an der Stelle ausgelost wurde, an der er den letzten der Banditen recht problemlos töten konnte - doch von diesem Ruhm erholte er sich nie mehr und ist jetzt ein saufendes Wrack, das Freilos in der ersten Runde.
Alam ist ein ganz anderer Typ, ein Wilderer, der es mit einer halben Armee aufnahm, der aber letztendlich doch noch gefangen wurde und jetzt für den Fürsten kämpfen muss, der ihn gefangen nahm. Thruac kommt auch hinzu. Der ist alt, hat schon mehr als fünfzig Winter gesehen, doch ist er auch ein Riese, gestählt in Tausenden Kämpfen auf dem Rummelplatz, davor war er Soldat, er hat mehr Kniffe und Tricks vergessen, als die meisten je lernen.
Und so gibt es noch eine ganze Menge Kämpfer mehr, einen Banditen, der endlich mal einen richtigen Kampf bestreiten will, den ehemaligen Champion, der mit viel Geld geködert wurde, das hirnlose Monster, das von einem Betreuer angemeldet wurde, einen Kampfmönch mit dem Stab, einen ganz ohne Waffe, einen Aristokraten, einen Gladiator und so weiter.
Fast jeder, der sich anmeldet, bekommt ein eigenes Kapitel gewidmet, jeder der sechzehn Kämpfer wird vorgestellt und von fast jedem gibt es auch schon ein bisschen was über die individuellen Stärken und Schwächen, und das alles in interessante kleine Geschichten verpackt. Dann beginnt das große Turnier, wir haben inzwischen auch den Ausrichter kennen gelernt, der nicht so wirklich zufrieden ist, wir kennen den Austragungsmodus und sind gespannt, wer gegen wen antreten wird. Eine Menge aufregender Kämpfe beginnt, liebgewordene Helden sterben, das Ausmaß der Brutalität nimmt immer weiter zu.
Puh, Atemlosigkeit beherrscht die letzten 130 der 360 Seiten, denn da gibt es nur noch das Turnier, aber auch davor macht dieses Buch durch seine Spannung süchtig. Richtig gut geschrieben, eigentlich keine der Geschichten ist uninteressant, ein Episodenroman, der plötzlich in eine actionreiche Haupthandlung mündet. Die Unausweichlichkeit dieses Turniers erinnert in seiner Konzeption an Stephen Kings Meisterwerk "Todesmarsch", ist genauso spannend und aufregend und hat ein gar nicht so unähnliches Ende - andererseits ist es natürlich kein Plagiat, sondern ein richtig gutes kompromissloses Buch, das jeden Leser actionorientierter Fantasy begeistern muss. Zieht man seinen interessanten Zyklus "Im Zeichen des Mammuts" hinzu, so scheint Meißner einer zu sein, auf den man in der deutschsprachigen Fantasy ganz viel Hoffnung setzen kann.