Seine schrill-bunte, mit dem Kitsch flirtende Kunst provoziert, irritiert, löst Erstaunen und Ratlosigkeit aus – oder begeistert ganz einfach. Jeff Koons gehört zu den Künstlern des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts, die ausgesprochen heftige Kontroversen ausgelöst haben, auch wenn er sich längst einen herausragenden Rang in der Kunstszene und auf dem -markt gesichert hat. Ungewöhnliche Techniken oder auch Symbiosen aus verschiedenen Techniken, unorthodoxe Materialien und eine sehr eigenwillige Form der Selbstinszenierung gehören ebenso zu Koons‘ Kunst wie die Anlehnung an historische und neuere Vorbilder und Stile.
Drei Monate lang konnten Interessierte 2012 in Frankfurt eine Koons-Doppelausstellung besuchen: Gemälde von Koons waren in der Schirn zu sehen, Skulpturen im Liebieghaus – Letztere geschickt und bisweilen verblüffend in die Skulpturensammlung dieses Museums eingebettet. Der Ausstellungkatalog erschien sinnigerweise als zweisprachiger Doppelband (deutsch/englisch) beim Verlag Hatje Cantz.
Beide Bände enthalten nach Gruß- und Vorwort mehrere Essays, teils zu Koons‘ Werk allgemein, teils auf einzelne Serien oder Aspekte seines Schaffens bezogen; im Band „The Painter“ findet der Leser zudem ein Interview mit dem Künstler. Die Essays werden von Abbildungen mit Ausschnitten aus verschiedenen Werken Koons‘ – oder bisweilen auch Komplettaufnahmen – begleitet, anhand derer sich die Inhalte veranschaulichen lassen. Auf die Essays folgen großformatige Fotos der Exponate aus der jeweiligen Ausstellung, ein Verzeichnis der ausgestellten Werke und eine Auswahl von Koons‘ Ausstellungen schließen jeden Band ab.

Ob man sich bereits mit Koons befasst hat und mehr über ihn und seine Arbeiten erfahren möchte, ob es die Ausstellungen waren, die das Interesse an diesem vielseitig begabten Künstler geweckt haben, oder ob man ihn auf anderem Wege „entdeckt“ hat: der Doppelband vermag ein umfassendes Bild von Jeff Koons und seinem Schaffen zu vermitteln. Einen wertvollen Beitrag hierzu leisten die Essays und das Interview, die, von erläuterndem Bildmaterial ergänzt, ein breites Themenspektrum abdecken, sodass kaum Fragen offen bleiben.
Als ausgesprochen hochwertig erweisen sich die Fotos der Exponate. Im Band „The Painter“ nehmen viele von ihnen eine Doppelseite ein und ermöglichen so ein Erfassen der vielen Details, die es zu entdecken und zu interpretieren gilt. Die „pikanten“ Bilder aus der Serie „Made in Heaven“, die Jeff Koons mit seiner früheren Frau Ilona zeigen, wurden so beschnitten, dass der Band als jugendfrei gelten kann. Natürlich verlieren diese Bilder auf diese Weise enorm an Aussagekraft.
Wie bereits erwähnt, fanden sich die Skulpturen von Koons im Frankfurter Liebieghaus einzeln in die ständige Sammlung des Hauses eingebettet wieder – und natürlich wurden die sie umgebenden Skulpturen beziehungsweise Räume für jedes Werk geschickt ausgewählt. So hatte der Betrachter nicht nur Muße, Koons‘ Skulpturen selbst zu betrachten, sondern auch das Vergnügen, sie in einem ursprünglich sicher nicht vorgesehenen, verblüffenden und geistreich hergestellten Kontext zu betrachten, der sich nicht zuletzt durch Spiegelungen in den blanken koonsschen Materialien offenbarte. Im Band „The Sculptor“ sind daher neben den Koons-Exponaten auch etliche der benachbarten Stücke aus dem Liebieghaus abgebildet. So können auch Leser, die sich die Ausstellung nicht angesehen haben, entsprechende Bezüge herstellen.

Beide Bücher sind exzellent aufgemacht. Die informativen Essays und das Interview als „Vorspeise“ zum jeweiligen Bildteil ermöglichen ein kundiges Herangehen an die abgebildeten Werke, und die Qualität der Abbildungen begeistert; sehr professionell fotografiert, wirken die Skulpturen fast dreidimensional. Reflexionsarmes Papier gibt die Gemälde- und Skulpturenabbildungen unverfälscht wieder.

Für jeden, der die Kunst von Jeff Koons kennen lernen oder sein Wissen über sie vertiefen möchte, eine unbedingt zu empfehlende Lektüre!