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Des Künstlers Atelier: ein Raum mit einem ganz eigenen Zauber, den der Künstler wahren, verstärken oder auch wegnehmen kann. Für den "Nichtkünstler" unter den Kunstfreunden hatte das Atelier des Kunstschaffenden immer eine besondere Aura und eignete sich daher bestens zur Selbstinszenierung des Künstlers; in unserer Zeit betrachteten manche Künstler sich und damit auch ihr Atelier durchaus mit Selbstironie.
Eine Ausstellung, die das Atelier von Spitzweg an betrachtet (Staatsgalerie Stuttgart, 27.10.2012 bis 10.2.2013), muss daher geradezu zwangsläufig das Interesse von Kunstfreunden wecken – und ebenso der dazu gehörende Katalog. Wie die meisten aktuellen Ausstellungskataloge will er nicht lediglich die einzelnen Exponate und die Basisinformationen dazu abbilden und aufführen, sondern mittels einer Reihe von Essays ergänzende, weiter führende Einblicke in das Thema gewähren und interessierte Menschen, denen ein Ausstellungsbesuch nicht möglich ist, diesen so gut wie möglich "ersetzen".
Kuratorin Ina Conzen gibt mit ihrer Einführung einen Eindruck davon, worum es in der Ausstellung und im Buch geht; ein weiterer Beitrag befasst sich mit Rekonstruktion und Konservierung von Künstlerateliers in diesem und im vergangenen Jahrhundert. In den Essays geht es um ganz unterschiedliche Themen, die sämtlich aufzuführen den Rahmen einer Rezension sprengen würde. Es spannt sich ein weiter Bogen vom Atelier des 19. Jahrhunderts, das bisweilen "entropisch", chaotisch-überladen dargestellt wurde, dann auch wieder als ein Ort des sozialen Lebens des Künstlers, über Ateliers, die den Charakter des Künstlers widerspiegeln sollten, die "expressionistischen Gegenwelten" und die zunehmende Mystifizierung des Ateliers durch nachfolgende Künstler bis hin zu den vielfältigen Aspekten von Zweckmäßigkeit und künstlerischer Inszenierung in den Ateliers und Atelierbildern der Künstler ab Andy Warhol.
Den Abschluss bilden der Katalog der ausgestellten Werke, eine Auswahlbibliographie, ein Künstlerregister und der Fotonachweis.
Da die Rezensentin die Ausstellung noch nicht besucht hat, kann sie nicht beurteilen, inwieweit Ausstellung und Katalog einander ergänzen, sondern betrachtet das Buch als ein eigenständiges Werk, auch wenn natürlich reichlich Bezüge zur Ausstellung bestehen.
Alle Essays sind sehr gehaltvoll, auch für Laien bestens verständlich, interessant und somit ausgesprochen lesenswert. Sie decken inhaltlich ein enormes Spektrum ab, ohne dass der Grundgedanke je verloren geht. Ebenso wirkt die Gestaltung in sich sehr stimmig – den Charakter eines klassischen Ausstellungskataloges hat dieses Werk überhaupt nicht, auch wenn es dessen Anforderungen selbstredend optimal erfüllt; es fungiert auch als Sachbuch par excellence.
In den Essays findet man jeweils textnah eine ganze Reihe von ergänzenden, kleineren Illustrationen, die nicht zur Ausstellung gehören, während die Fotos der Exponate auf unterschiedliche Weise eingebunden sind: bisweilen wurden auch sie an entsprechender Stelle in die Essays integriert, einzeln oder als Block, andernfalls schließen sie sich an die Essays an. Jedem Textbeitrag geht eine ganzseitige Abbildung eines Exponats voran.
Die qualitativ hochwertigen Abbildungen der Ausstellungsstücke sind im Allgemeinen von großzügigem Format (insbesondere, wenn es sich um Gemälde oder Lithographien handelt, Fotos wurden zum Teil recht klein abgedruckt);so kommen diese angemessen zur Geltung. Wer sich genauer über sie informieren möchte, findet im Katalog recht detaillierte Angaben.
Selbst Kunstfreunde, die sich noch nicht mit dem Atelier als Ort schöpferischen Handelns befasst haben, werden von diesem sachlich und übersichtlich, dabei jedoch ansprechend aufgemachten Buch gefesselt sein. Der Mythos Atelier wird darin gründlich betrachtet und analysiert, ohne dass die Verfasser ihn seines Zaubers berauben. Dies gilt auch für die Zusammenstellung der Exponate an sich, die im Übrigen einmalig sein dürfte. Sehr empfehlenswert!