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In der traumhaften Anderwelt des Halbgotts Azzalepstön hat Thorgals kleine Tochter Lupine eine neue Heimat gefunden. Doch auch das tägliche Sommerwetter, die köstlichen Speisen und die sorgenfreien Spiele der Gleichaltrigen können Lupines düstere Stimmung nicht vertreiben. Längst ist sie sich nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee war, dem Magier zu erlauben, ihr Wesen zu teilen und sie von dem Teil ihrer Seele zu befreien, der wild und unberechenbar ist. Als sie sich mit dem Jungen Hakim unterhält, der wie sie in der Anderswelt gestrandet ist, reift in den beiden der Entschluss, den verlorenen Teil ihrer Seele zurückzuerobern. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, wie ihnen unbemerkt von Azzalepstön eben dies gelingen kann.
Sie ahnen nicht, welche Pläne dieser in Wirklichkeit verfolgt und dass ihre verlorene Seelenhälfte nicht etwa in den kleinen Kristallgefängnissen ruht, die der Magier ihnen einst zeigte. Stattdessen durchquert Lupines wildes Selbst einen Urwald, in dem auf Schritt und Tritt Gefahren lauern. Riesige Spinnen, giftige Schlangen und fleischfressende Nagetiere bedrohen alles menschliche Leben. Lupines wilde Seite lässt sich davon jedoch nicht einschüchtern. Als Kriegerin durchquert sie die fremdartige Welt. Ihr Auftrag: Sie soll den Götterwolf Fenrir finden und von ihm die Hand zurückfordern, die dieser einst dem nordischen Kriegsgott Tyr abgebissen hat ...
Im zweiten Teil der auf vier Bände angelegten Comic-Reihe "Lupine" taucht Autor Yann wesentlich tiefer in die Welt der nordischen Mythen und Legenden ein als im
Vorgänger. Das steht dem Album gut zu Gesicht, dessen Cover ein schönes Gefühl dafür vermittelt, was den Leser im Inneren des Comics diesmal erwartet. Die Handlung entwickelt sich in mittlerweile drei parallel verlaufenden Strängen: Der erste Teil fokussiert sich auf Lupines wildes Selbst, das im Reich des Götterwolfs Fenrir mutig allen Gefahren ins Gesicht lacht; der zweite Teil berichtet von ihrer Mutter Aaricia, die verzweifelt nach ihrer verschwundenen Tochter sucht und es dabei nicht nur mit einem aufdringlichen Verehrer zu tun bekommt, sondern auch mit einem Besucher aus Asgard, der Welt der Götter. Der dritte Handlungsstrang schließlich handelt von der gezähmten Lupine selbst, die nach einem Weg sucht, mit ihrer wilden Seite wieder vereint zu werden. Auch wenn diese drei Perspektiven sich im Comic nicht überschneiden, so verknüpft Yann sie doch gekonnt miteinander und widmet ihnen allen die notwendige Aufmerksamkeit, so das ein runder, ausgewogener Erzählfluss entsteht.
Roman Surzhenko setzt die Story erneut in stimmungsvollen Bildern um. Wie in Band 1 begeistern nicht nur die atmosphärische Farbgebung, sondern auch die ausdrucksstarken Gesichter der Figuren. Anders als in Band 1 vernachlässigt er jedoch die Hintergründe nicht mehr so sehr, zumindest nicht in jenem Teil, der von der wilden Lupine handelt. In nächtlichen Farben – er verwendet vorwiegend Blauschattierungen – zeichnet er ein faszinierendes Bild von Fenrirs Welt: Über überlebensgroße Pilze ziehen kleine Flugsaurier hinweg und Schlangen verbergen sich in den von Lianen umflochtenen Bäumen oder im brackigen Sumpfwasser.
Insgesamt wirkt der zweite Band in sich deutlich stimmiger als der vorangegangene. Das Ende von "Die abgeschnittene Hand des Gottes Tyr" deutet zudem an, dass sich die getrennten Erzählstränge um die zahme und die wilde Lupine bald schon überschneiden. Das macht neugierig auf den nächsten Band des Vierteilers, der hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lassen wird.
Eine Leseprobe findet man auf der Website des Splitter-Verlags.