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Wird Atticus O'Sullivan nach seinem Alter gefragt, antwortet er "21". Dass er damit mal eben zwei Nullen weggelassen hat, fällt niemandem auf. Selbst Götter, Hexen, Riesen und Werwölfe können sein wirkliches Alter nicht auf den ersten Blick erkennen. Mit seinen Tätowierungen und seinem individuellen Auftreten geht er locker als junger Ire durch. Aber Atticus ist 2100 Jahre alt und nicht nur der älteste lebende Druide, sondern auch der letzte auf der ganzen Welt. Zudem wird er von einer keltischen Gottheit gesucht, die der Auffassung ist, er habe ihr sein Eigentum gestohlen: Das überaus scharfe magische Schwert Fragarach.
Niedergelassen hat sich Atticus in Arizona, wo er mit seinem treuen Wolfshund Oberon in einem kleinen abgelegenen Städtchen lebt und so eine Art magischen Esoterik-Buchladen betreibt. Arizona war seine erste Wahl, denn dort treiben sich nur wenige Götter rum und auch Feen lassen sich äußerst selten blicken - die Gegend ist dafür einfach zu schwach besiedelt und es gibt meilenweit nichts als Wüste. Perfekt für einen Druiden wie Atticus, der sich nicht ohne Grund versteckt. Götter sind immerhin Götter, haben göttliche Kräfte und auch oft eine große Meute an teils Furcht einflößendem Gefolge.
Nur weil Atticus einen Pakt mit der Morrigan, die ihm häufig in ihrer Rabengestalt erscheint, geschlossen hat, lebt er überhaupt schon so lange. Denn natürlich könnten auch Druiden eines natürlichen Todes sterben. Doch die Morrigan beschützt ihn. Und diesen Schutz kann er brauchen, denn Aenghus Óg scheint ihm doch näher zu sein, als er glaubt. Eine Horde seiner unangenehmen Häscher ist Atticus plötzlich sehr nah ...
"Die Hetzjagd" ist der erste Band von Kevin Hearnes Reihe "Die Chronik des eisernen Druiden", die im Original bereits fünf Teile umfasst, Band 6 ("Hunted") erscheint in den USA im Mai 2013. Kevin Hearne vermischt in seinem Roman Popkultur mit Mythologie und paranormaler urbaner Fantasy. Und diese Mischung macht riesig Spaß! Atticus ist ein cooler Typ, der mit seinen druidischen Tätowierungen und seinem riesigen Wolfshund Oberon zwar nicht dem Durchschnittsbürger entspricht, aber in der modernen Welt einfach als junger Mann durchgeht, der halt seinen eigenen Stil hat. Da er in seinem "magischen" Buchladen auch Tees mischt, braut und ausschenkt, die so manch positive Wirkung haben, hat er eine große Stammkundschaft und somit viele Leute auf seiner Seite.
Wer sich in der fantastischen Welt ein wenig auskennt, wird bemerken, dass Kevin Hearne ein echter "Nerd" ist und das einfach liebt, worüber er schreibt. Es gibt Bezüge zu Star Wars, The Wizard of Oz, Alice im Wunderland, Frankenstein und damit sind nur einige Beispiele genannt. Außerdem kennt der Autor sich nicht nur in der keltischen Mythologie gut aus, auch andere Götter- und Sagengestalten werden erwähnt. Fantasy, Horror und Science-Fiction scheinen Kevins Steckenpferde zu sein, anders wäre diese gelungene Vermischung mit seiner ganz eigenen Story nicht möglich. Und dieser bunte Mix macht immensen Spaß.
Ein Highlight ist Atticus' Hund Oberon, mit dem er sich telepathisch verständigt und der einfach liebenswert ist. Bei Oberon mischen sich Naivität, ein liebenswertes Wesen und das gewisse "hündische" Etwas zu etwas ganz Besonderem. Das Bild eines riesigen (wenn auch zu dem Zeitpunkt unsichtbaren) Wolfshundes, der sich vorbeischleicht an Polizisten, großen Blutlachen und einigen weiteren Fallstricken, ohne dabei auszurutschen oder Spuren zu hinterlassen, nur um sich dann in dem kleinen Cabrio von Atticus' Tagesanwalt (ein Werwolf) auf den Rücksitz zu quetschen und still abzuwarten, ist nur eines, das Kevin Hearne in den Köpfen seiner Leser auf Dauer hinterlassen wird.
Wer Mythologie in einem modernen fantastischen Setting mit der vollen Bandbreite von Göttern über Hexen bis hin zu Riesen mag, wird begeistert sein von diesem ersten Band der "Chronik des eisernen Druiden". Auch wenn der Anfang des Buches sich etwas zieht, heißt es: durchhalten! Alleine schon die kurze Erwähnung der Ghule, die zum "Essen" grundsätzlich mit eigenem Kühlwagen kommen, damit sie die Reste mitnehmen können - so eine Art ghulisches Doggy Bag -, lohnt die Lektüre. Hoffentlich gibt es bald ein Wiedersehen mit Atticus und Oberon, bei Klett-Cotta haben sie auf jeden Fall ein angemessenes Zuhause gefunden.