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An einem heißen Sommertag nutzt der elfjährige Timm Koranth die Abwesenheit seiner Mutter, um sich im nahe liegenden Freibad mit Freunden zu treffen. Ein seltener Spaß, der viel zu schnell ein Ende nimmt. Und noch während die anderen Jungen das kühle Nass genießen, packt Timm seine Sachen, um rechtzeitig zu Hause zu sein. Deshalb ist Timms Schreck auch riesengroß, als er feststellen muss, dass sein Mountainbike gestohlen ist. Schlecht gelaunt macht er sich zu Fuß auf den Weg und ist erleichtert, als das Auto seines Aushilfstrainers neben ihm hält. Noch ahnt Timm nicht, was er alsbald ertragen muss. Denn nur kurz darauf steuert der stets unauffällige Mann seinen Wagen in ein Waldstück und fällt gnadenlos über ihn her. Lediglich zwölf Jahre Haft erhält Rolf Kallwitz für die grauenvolle Tat und lässt neben einem toten Jungen eine zerstörte Familie zurück. Nicht die Einzige, die Jahre später auf Rache sinnt. Auch die Angehörigen des querschnittsgelähmten Ivo, der in einer Kiste liegend, qualvoll ertrank, können sich mit der Freilassung seines Mörders nicht abfinden.
"Finkenmoor" ist ein Kriminalroman, der neben der Darstellung der verübten Verbrechen, vor allem markante Eckpunkte aus dem Leben der Täter, ihrer hilflosen Opfer und deren traumatisierten Familienangehörigen und Freunde thematisiert. So gibt es weder einen Kommissar, der die notwendigen Ermittlungen führt, noch sorgen gut gestreute Hinweise und ausreichend Verdachtsmomente dafür, dass der Leser die Spur des Täters aufnimmt. Im Gegenteil. Im Stil eines Tatsachenberichtes und unter Bekanntgabe vieler Details werden die verhängnisvollen Ereignisse aneinandergereiht. Dabei ist es völlig egal, ob ein Täter über den Druck in seinem Elternhaus berichtet, ein Opfer um sein Leben kämpft, eine Mutter ihren Rachefeldzug plant oder ein Bruder mit kaum zu ertragenen Schuldgefühlen hadert. Stets gelingt es der Autorin die Gedanken, Empfindungen und Beweggründe einzelner Personen nachvollziehbar darzustellen, ohne diese zu werten.
Erzählt wird das nah an der Realität angesiedelte Geschehen in mehreren Handlungssträngen, die an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten angesiedelt sind. Deshalb dauert es vor allem zu Beginn des Romans etwas, bis der Leser die einzelnen Personen und Ereignisse miteinander verknüpfen kann. Ist ihm das aber gelungen, wird er mit dem erschreckenden Geschehen in seinem ganzen Ausmaß konfrontiert. Ungewollt tief taucht er in die Gefühlswelt von Täter, Opfern und Hinterbliebenen ein und muss erfahren, wie dünn der Grat zwischen Vergebung und Vergeltung ist und wie schnell unbescholtene Menschen durch einen schweren Schicksalsschlag zu Verbrechern werden können.
Fazit:
Mit "Finkenmoor" hat Myriane Angelovski einen Kriminalroman geschrieben, der herkömmliche Muster durchbricht und auf schonungslose Art und Weise die schwere Zeit nach einem Verbrechen thematisiert. Ein düsteres und nachdenklich machendes Buch, das den Leser lange beschäftigt.