Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
"Dieser Band braucht keinen Geleitschutz bei seinem Weg auf den deutschen Büchermarkt und in die Regale derjenigen, die Geschichte lehren und studieren oder die sich aus einem umfassenden Bildungsinteresse über das Studium der Vergangenheit unterrichten wollen."So urteilt der Konstanzer Universitätsprofessor Jürgen Osterhammel in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe des vorliegenden Buches. Im Original erschien dieses unter dem Titel "A Concise Companion to History".
Wer aus diesem Originaltitel beziehungsweise aus dem deutschen Untertitel "Eine Einführung" jedoch folgert, dass es sich hier um ein Lehrbuch handelt, der irrt. Vielmehr bietet das Buch unterschiedlichste Essays, welche aktuelle geschichtswissenschaftliche Ansatzpunkte problemorientiert darlegen. Dabei wurden die einzelnen Aufsätze von der Herausgeberin Ulinka Rublack, welche an der Universität Cambridge lehrt und forscht, in folgende zwei Kategorien geordnet: "Geschichte schreiben" und "Themen und Strukturen".
Bei der ersten Kategorie spielen vor allem die grundlegenden Aspekte geschichtswissenschaftlicher Erkenntnis eine Rolle. So widmet sich beispielsweise die Herausgeberin selbst dem "Status des historischen Wissens". Gemeint ist damit die Frage, welche Art von Wissen beziehungsweise Wahrheit Historiker überhaupt erlangen können.
Im Rahmen der "Themen und Strukturen" werden dagegen aktuelle Ansatzpunkte geschichtswissenschaftlicher Forschung diskutiert. Mit den Aspekten "Kommunikation", "Kultur", "Umweltgeschichte" sowie "Geschlecht" kommen dabei thematische Ausrichtungen zur Sprache, die insbesondere durch die Veränderungen des zwanzigsten und des beginnenden einundzwanzigsten Jahrhunderts "en vogue" sind. Daneben finden sich aber auch traditionellere Ansätze wie "Handel", "Religion" oder "Ideen".
Allen Aufsätzen gemeinsam ist wie bereits angedeutet, dass diese keine lehrbuchartige, leicht verständliche Zusammenfassung des behandelten Themas liefern, sondern eine pointierte Aufarbeitung, welche Gedankenspiele, beispielhafte Vertiefungen sowie oftmals die Meinung der jeweiligen Autoren beinhalten.
Abgeschlossen wird der Band zudem durch ein hilfreiches Personen- und Sachregister.
Dieses Buch lebt vor allem von den unterschiedlichen Herangehensweisen der einzelnen Autoren. Denn im Gegensatz zu ähnlich angelegten Sammelbänden wurden die einzelnen Verfasser nicht in ein Korsett gezwängt, welches oftmals einen ähnlichen Aufbau der Aufsätze zur Folge hat. Vielmehr nähert sich jeder Autor auf ganz individuelle Weise an seine Thematik heran, was dazu führt, dass der Band sehr abwechslungsreich zu lesen ist. So bietet John R. McNeill beispielsweise in seinem Beitrag "Umweltgeschichte" nach einer konzisen Begriffserklärung sowie einer Darlegung der Kritikpunkte an dieser Subdisziplin einen interessanten Einblick in unterschiedliche regionale Forschungstraditionen. Gerade die Tatsache, dass er hierbei insbesondere die Regionen Südasien und Lateinamerika in den Blick nimmt, zeigt, dass dieses Buchprojekt an vielen Stellen auf eine europazentrierte Einschränkung verzichtet. Stattdessen beziehen die Autoren häufig außereuropäische Perspektiven ein. Das Ergebnis ist eine anregende Erweiterung des westeuropäischen Geschichtsverständnisses.
Hinzu kommt, dass die Aufsätze fast durchgehend gut zu lesen sind, da immer wieder anschauliche Beispiele und Aufhänger ins Feld geführt werden. Auch wenn sicherlich für ein tieferes Verständnis ein Vorwissen von Vorteil ist, so bietet der Band dennoch auch Laien, die sich auf die geistreichen Ausführungen der einzelnen Autoren einlassen, eine lohnenswerte Lektüre.
Durch die zahlreich erwähnten Referenzstudien bietet das Buch zudem einen guten Ausgangspunkt für einen wissenschaftlichen Einstieg in die Materie. Da der Großteil dieser Studien aus dem anglo-amerikanischen beziehungsweise außereuropäischen Raum stammt, können insbesondere jene Studenten oder an der Universität Tätige profitieren, welche lediglich mit der deutschsprachigen Literatur zur jeweiligen Thematik vertraut sind. Damit offenbart sich auch für jene ein "neuer Blick" auf die Dinge, so dass der deutschsprachige Titel "Die Neue Geschichte" gerechtfertigt erscheint.
FAZIT: ein kenntnisreicher und Horizont erweiternder Blick auf die Themen der Geschichtswissenschaft im beginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert.
Weitere Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags