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Als Angiola Calori als kleines Mädchen zum ersten Mal eine Sängerin auf einer Bühne sah, war es um sie geschehen: Sie wollte selbst auf dieser Bühne stehen und singen. Doch im italienischen Raum im 18. Jahrhundert wird die große Musik nicht für Frauen, sondern für Kastraten geschrieben, denn Frauen ist es in den meisten religiösen Stadtstaaten verboten, öffentlich aufzutreten.
Doch das Leben hat die Angewohnheit seine eigenen Wege zu gehen. Jahre später muss sich Angiola zusammen mit ihrer Mutter alleine durchschlagen und daher nehmen sie in ihrem Haus den berühmten Kastraten Appianino auf, um über die Runden zu kommen. Angiola ist hin und weg von dem musikalischen Star und wird schon bald seine Schülerin und Geliebte. Ihre Mutter bemüht sich währenddessen darum einen neuen Ehemann zu finden, um ihren Lebensabend abzusichern. Als jedoch der potenzielle Partner um Angiola statt um die Hand der Mutter anhält, sieht Angiola ihr Leben als Sängerin endgültig schwinden, obwohl ihr Appianino ihr zuvor ein Fenster zu dieser Welt geöffnet hatte. So wagt sie ein waghalsiges Spiel und verlässt in einer Nacht- und Nebelaktion ihr Heim um fortan als Kastrat Bellino ihr Glück zu versuchen, um eines Tages die Bühnen Europas für sich zu erobern zu können …
Mit "Verführung" entführt Autorin Tanja Kinkel den Leser wieder einmal in die Vergangenheit an die Seite einer bemerkenswerten Frau. Angiola Caroli, eine der erfolgreichsten Sängerinnen des Rokoko dient ihr als Inspiration für diesen Roman.
Doch scheint es, damals wie heute, so zu sein, dass eine Frau alleine zu keinem Ruhm gelangen kann. Außer Angiola holt die Autorin für diesen Roman eine weitere Person der Zeitgeschichte mit ins Boot. Dabei handelt es sich um niemanden geringeren als den Betrüger und Frauenheld Giacomo Casanova. Und obwohl dieses Buch mit Casanova beworben wird, ist in Wahrheit Angiola der wahre Star, die zufällig das ein oder andere Mal, während ihres Weges zum Bühnenstar, mit dem erfindungsreichen Casanova zusammentrifft.
Durch diese zwei Figuren gewährt Tanja Kinkel ihren Leser einen Einblick in das Italien des 18. Jahrhunderts. Die sängerische Musikszene dieser Zeit wird von Kastraten dominiert und fast jede Familie versucht neben einem Stammhalter einen Kastraten in die Familie zu bekommen um vielleicht die Chance zu erhalten durch ihn Wohlstand für die gesamte Familie zu erwirtschaften. Zudem zeichnen sich zumindest die in diesem Buch vertretenen Figuren durch eine sehr eigenwillige Moralvorstellung aus, denn obwohl die Kirche eine nicht unerhebliche Macht repräsentiert, ist Sex ein begehrtes Gut, mit dem reger Handel getrieben wird, jedoch meist nur, weil einem sonst nur der Hungertod bleibt.
Was Kinkels Werke auszeichnet, ist die Art ihrer Erzählung. Sie nimmt die historischen Informationsbrocken, die sie zu ihrer Hauptfigur ausfindig machen konnte, und spannt ein feines Netz daraus als Basis, welches mit authentisch wirkenden Flicken zu einer ansprechenden Geschichte verarbeitet wird, die dem Leser Land, Leute und die Zeit näher bringt. Und auch "Verführung" ist hier keine Ausnahme und nimmt damit den Leser erneut mit auf eine abenteuerliche Reise in die Vergangenheit an der Seite wirklich lebendiger und interessanter Figuren.
Damit mehrt "Verführung" nur den bisherigen guten Ruf von Kinkel und man kann sich auf unterhaltsames historisches Lesevergnügen freuen.
Eine Leseprobe und mehr ist auf der
Verlagsseite zu finden.