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Lucky Luke reitet durch die Prärie. Da ertönt plötzlich ein Schrei: "Rührt meinen kleinen Bruder nicht an!" Lucky reitet so schnell er kann über die Kuppe und platzt mitten in eine schreckliche Szene. Ein Unhold will einer hübschen Frau das Baby wegnehmen. Zwei andere Männer sehen tatenlos zu. Doch ehe Lucky Luke eingreifen kann, wird er gestoppt. Der edel gekleidete Gentleman belehrt ihn, dass es sich hier um eine Probe für ein Theaterstück handelt.
Lucky Luke folgt der Theatergruppe in die nächste Stadt. Während der Aufführung kommt es zum Diebstahl der Lohngelder. Lucky verdächtigt zwar die Leute von der Schauspieltruppe, kann aber nichts beweisen. Lucky Luke folgt den Theaterleuten und hat alle Mühe, die Täter zu überführen.
1975 brachten Morris und Goscinny diesen Band der Abenteuer des schnellsten Schützen des Wilden Westens heraus. Das Amerika der Pionierzeit wird wunderbar in Szene gesetzt. Hier sogar durch eine Theatergruppe, die durch das Amerika der Pionierzeit zieht und den Cowboys ihre Kunst demonstriert.
Gewohnt detailreich und naturgetreu sind die Zeichnungen von Morris. Die Idee und das Storyboard sind von Goscinny. Dies garantiert ein hohes Niveau, einen leisen Humor und Slapstick.
Wenn Lucky sich für die abendliche Theateraufführung extra mit Kohlenstaub schwärzt, weil die gesamte männliche Bevölkerung in der Kohlengrube arbeitet und schwarz durch die Straßen läuft, diese aber perfekt gekleidet, geschruppt und hochnotpeinlich sauber im Theater sitzt, krümmt sich der Leser vor Lachen. Die Idee, eine Diebstahlserie in Verbindung mit den Theateraufführungen zu ersinnen, die einem Krimi gleich, von Lucky Luke aufgeklärt werden muss, ist wunderbar. Der Gegner Luckys ist so schlau, den unbesiegbaren Cowboy selbst in Verdacht zu bringen und so von sich selbst abzulenken - genial und perfekt in Szene gesetzt.
Alle Hauptfiguren und zahlreiche Nebenfiguren sind herrlich charakterisiert und gezeichnet.
Die Aufführung in der Lucky Luke selber als weißer Reiter auftreten muss, weil er dem Chef der Theatergruppe ein blaues Auge geschlagen hat, ist eine Sternstunde der Comics um Lucky Luke.
Einzig die Auflösung gerät zu knapp und leider auch unlogisch. Ein wenig krönender Schluss eines wirklich guten Abenteuers.
Morris Eigenart, entgegen anderer Comics dieser Zeit, Schauplätze seiner Geschichten und möglichst viele Personen und einen Teil des Handlungsstrangs der Wirklichkeit zu entnehmen und so realistisch wie möglich zeichnerisch umzusetzen, wird in diesem Abenteuer des Cowboys, der schneller zieht als sein Schatten, überdeutlich.
Sowohl die Geschichte des Improvisationstheaters, das im Wilden Westen mit kleinen Bühnen durch Amerika zieht und versucht, ein wenig Kultur zu den entlegensten Orten zu bringen, als auch die verschiedenen Orte selbst, nebst Gebäuden, Wegen, Landschaftsdetails und Pflanzenwelt, werden von ihm exakt studiert und in die Bilder übertragen.
So vermittelt Morris die Szenerie eines Amerikas kurz nach den Sezessionskriegen. Gauner, Indianer, Cowboys, Saloons und Schlägereien sind seine typischen Zutaten, angereichert mit dem coolen Cowboy Lucky Luke und seinem Pferd Jolly Jumper.
Dieses Abenteuer ist vielleicht nicht eines der besten von Morris, aber es vermittelt sein Ziel und seine Auffassung eines Comics auf eine klare und deutliche Art und Weise. Es ist daher unbedingt zu empfehlen, wenn man sich für Comics, das Lebenswerk von Morris und für Lucky Luke, seinen unsterblichen Helden, interessiert. Der Einzelband ist leider nicht mehr erhältlich. Aber eine Gesamtausgabe ist zur Zeit im Entstehen, indem je drei Bände, der französischen Originalausgabe folgend, chronologisch zusammengefasst werden.
Außerdem findet sich dieses Abenteuer in der zwanzigbändigen Reihe "Klassiker der Comic-Literatur" des F.A.Z.-Feuilletons als letzter Band. Es ist hier als typischer Vertreter der Lucky Luke Abenteuer abgedruckt. Zwar ist das ursprüngliche Format halbiert worden, aber 4,90? sind ein sehr günstiger Preis, um sich mit dem coolen Cowboy vertraut zu machen.