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Als kleines Kind wurde Gilbert in einer Schreckensnacht entführt, seine Mutter getötet. Ein gutes Dutzend Jahre später folgt er seinem Kidnapper, dem normannischen Krieger Robert Guiscard von Hauteville, und dessen Gefährten von der heimischen Normandie nach Süditalien, denn Robert hat den Bogen überspannt und sich in der rauen Gegend zu viele Feinde gemacht. Nicht umsonst nennt man ihn "das Schlitzohr". Er weiß auch, wohin er ziehen kann, denn zwei seiner Halbbrüder besitzen mittlerweile eine Burg im "Mezzogiorno". Zudem besagen Gerüchte, dass in Süditalien unermessliche Reichtümer nur darauf warten, geraubt zu werden, und das geradezu legal, weil die normannischen Söldner bei den ständigen Konflikten zwischen Langobarden und Byzantinern sehr beliebt und im Grunde die lachenden Dritten seien.
Als Gilbert mit Robert in Italien eintrifft, zeigt sich schnell, dass sich die Aussichten für die Normannen, sollten sie je rosig gewesen sein, innerhalb der letzten Jahre gewandelt haben. Beiden rivalisierenden Parteien einschließlich der mächtigen Kirche erscheinen die plündernden Normannenhorden wie Pest und Cholera in einem. Beim Versuch, sich einen Platz in diesem labilen Gefüge Süditaliens zu erobern, geraten Robert und damit auch Gilbert immer wieder zwischen die Fronten, in Lebensgefahr und schließlich sogar mit dem Papst aneinander.
Ulf Schiewe befasst sich mit einer im Geschichtsunterricht kaum thematisierten historischen Epoche des Topos Süditalien, über die es auch insgesamt nur wenig Literatur gibt – kaum Fachliteratur und vermutlich gar keine belletristische. Doch sollte die normannische Herrschaft über den Mezzogiorno, deren Beginn der Roman abbildet, durchaus folgenreich sein, nicht zuletzt für die Staufer, denen das zu ihrer Zeit bereits von den Hautevilles beherrschte Sizilien durch Heirat zufiel. Vermutlich wird Schiewe die Errichtung der Normannenherrschaft und des Königreichs von Sizilien und Neapel in weiteren Bänden aufbereiten.
Einen glänzenden Auftakt liefert er mit "Das Schwert des Normannen", denn der Roman macht diese wechselhafte und blutige Geschichte geradezu hautnah erlebbar mit anschaulich geschilderten Orten und Landschaften und packend geschilderten Abenteuern, seien es Beutezüge und regelrechte Schlachten, seien es Familienzwiste, ausschweifende Feiern und Versuche, sich im Land niederzulassen. Das Buch lebt jedoch vor allem von den authentischen Charakteren, die nicht einfach grob und blutleer als "Gute" oder "Böse" gezeichnet werden wie in so manchem historischen Roman, sondern facettenreich, einer Entwicklung unterworfen und sehr lebendig.
Gerade der Protagonist und Ich-Erzähler Gilbert tritt sympathisch in Erscheinung, hat auch ein paar Ecken und Kanten und bietet dem Leser die Möglichkeit, sich mit ihm zu identifizieren, zumal die Liebe im Roman nicht zu kurz kommt; das vergleichsweise offene Ende nicht zuletzt in der Liebesbeziehung Gilberts weist ebenfalls auf eine Fortsetzung hin. Es wäre schön, wenn diese nicht zu lange auf sich warten ließe: Die Neugier auf das weitere Geschehen ist nach Abschluss der Lektüre groß!
Eine umfangreiche Leseprobe bietet die Verlagsseite zum Buch an.