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Lukas Faust nimmt es nicht so genau mit der Ehrlichkeit. Wenn er auf der Straße mit der Vorführung seiner Zaubertricks ein wenig Geld einnimmt, ist das zwar ganz nett, aber viel interessanter ist das Hütchenspiel, bei dem er ganz bewusst seine arglosen Mitspieler austrickst. Doch unversehens ist nicht mehr Lukas der Trickser, sondern der ausgetrickste. Seine Exfreundin Sylvia lockt ihn nach Staufen in das Todeszimmer des legendären Dr. Faust. Hier stellt sich nicht nur heraus, dass der junge Mann selbst ein Nachfahre von ihm ist, er sieht sich sogar mit Sylvias wahrer Identität als Sukkubus konfrontiert. Um ihn herum bricht unvermittelt die Hölle los und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Der mächtige Zauberer Agrippa von Nettesheim erscheint und zwingt Lukas dazu, sein Faust-Erbe einzufordern. Tatsächlich öffnet sich ein magisches Tor und er bekommt einen großen Folianten namens "Höllenzwang" in die Hände, in den ein Diamant eingelassen ist. Dummerweise geht der bei dem nun folgenden Kampf in die Brüche, dafür erscheint jemand, der ihm (vorgeblich?) helfen will. Ein schwarzer Pudel. Mephistopheles. Der Teufel. Der weiß scheinbar ebenfalls nicht so recht, wie ihm geschehen ist, jedenfalls ist er überrascht, nicht vom Faust-Erbe beschworen worden zu sein. Was er von seinem Zwangs-Verbündeten halten soll, weiß Lukas noch nicht so recht, aber da er keine andere Wahl hat, flüchtet er zusammen mit dem Höllenbewohner und hofft, den ganzen Schlamassel schnell hinter sich lassen zu können. Ein Irrglaube, denn jetzt geht das Abenteuer erst richtig los!
Ja, es geht um genau den Mephistopheles, den wir aus Goethes Faust kennen. Und natürlich auch um genau den Faust beziehungsweise seinen Nachfahren. Ganz so philosophisch wie der Ideengeber ist der Roman nicht, schließlich hat er es vornehmlich auf die leichte Unterhaltung seiner Leser abgesehen, aber es weiß ebenfalls zu unterhalten. Dabei greift der Autor Thomas Finn auf alle Zutaten zurück, die einen modernen Fantasyroman ausmachen: den unwissenden Helden, der seine Tugend entdeckt und die Welt retten muss, die junge Frau, mit der er zu Anfang oft aneinandergerät, zu der er mit der Zeit aber eine tiefere Verbindung aufbaut und den magischen Mentor an seiner Seite. Das alles wird gewürzt mit einem gefährlichen Widersacher und einer Suche nach einer bestimmten Anzahl von magischen Gegenständen und schon steht das Grundgerüst. Und auch wenn das jetzt so klingt, dass hier lediglich das Klischee bedient wird, macht der Roman trotzdem jede Menge Spaß, denn was ihn wirklich ausmacht, sind all die fantastischen Wesen, die Zauberei und nicht zuletzt das Erzähltempo.
Ungewöhnlich ist, dass Thomas Finn seine Ideen mit realen Hintergründen und Schauplätzen verknüpft. Er bedient sich vieler Städte und historischen Orten, die so tatsächlich existieren, und lässt Figuren auftauchen, die in der Tat gelebt haben. Die meisten davon haben nie etwas miteinander zu tun gehabt, aber das ist kaum zu glauben, so geschickt, wie der Autor die einzelnen Erzählfäden und Schicksale miteinander verknüpft. Und das Beste daran ist, dass der Leser selbst weder ein Kenner von Sagen nach der deutschen Historie sein muss, denn alles, was man wissen muss, wird in kurzen und knappen Worten verständlich erklärt.
Um einen kleinen Eindruck von dem zu vermitteln, was den Leser erwartet, sei als Beispiel die Nibelungen-Sage genannt. Eine der interessantesten Figuren der germanischen Mythologie spielt sowohl hier, als auch in Finns Roman eine große Rolle: der fantastische Charakter des Schwarzalben Alberich mitsamt Tarnkappe und mystischem Garten. Ein weiteres Highlight ist natürlich Mephisto in seiner typischen Erscheinungsform als schwarzer Pudel. Als SPRECHENDER schwarzer Pudel. Wow, welch ein Spaß sind seine coolen Sprüche in einem Roman wie diesem. Mit seinem Charakter bringt Thomas Finn eine knackige Portion Humor in die Geschichte ein.
Der Autor legt ein unglaubliches Tempo vor. Er lässt seine Figuren (und mit ihnen den Leser) nur selten zur Ruhe kommen und hetzt sie von einem Abenteuer ins nächste. Kaum ist ein Rätsel gelöst und die nächste Station der Reise ausfindig gemacht, taucht auch schon der nächste Feind auf, damit es bloß nicht zu einfach wird. Die größte Stärke der Autor sind dabei die Bilder, die er im Kopf seiner Leser entstehen lassen kann. Irgendwie hat man ständig das Gefühl, dass im eigenen Kopf ein CGI-Hollywood-Blockbuster laufen würde.
Fazit:
"Schwarze Tränen" ist ein Who-is-who der fantastischen, deutschen Sagengestalten, eine rasante Abenteuer-Quest und unterhaltsames CGI-Kino für den Kopf. Die einzige, kleine Schwäche des Romans ist das typische, moderne Grundgerüst, das der Geschichte zugrunde liegt.
Tipp:
Auf der Webseite des Knaur-Verlags kann man in das Buch reinlesen.