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1981 bis 2001 tötete der sogenannte Green River Killer 50 Frauen in der Umgebung von Seattle. Der Polizist Tom Jensen ermittelte Jahrzehnte in diesem Fall und überführte ihn schließlich durch einen DNS-Test. Die Geschichte dieser Mordserie und deren Ermittlung hat der Sohn des Polizisten, Jeff Jensen, zusammen mit Jonathan Case in einem Schwarz-Weiß-Comic verarbeitet.
Auf 240 Seiten wird ein weiter Bogen gespannt, der diese wahre Begebenheit mittels vieler Rückblenden erzählt. Ausgangspunkt sind die Tatort-Begehungen der Polizei mit dem Serienkiller, der versucht, sich an seine Taten zu erinnern, um mit einem Geständnis der Todesstrafe zu entgehen. In Rückblenden werden die Erinnerungen von Tom Jensen erzählt, sodass nach und nach die Jahrzehnte lange Ermittlung dem Leser erschlossen wird. Doch auch wenn die Aufklärung der Morde bis zur Lösung des Falles vorangeschritten ist, so bleibt die Frage nach dem Warum doch scheinbar unbeantwortbar ...
Jeff Jensens und Jonathan Cases Graphic Novel "Green River Killer" versucht im Comicformat der Frage nach zu gehen, der schon viele Autoren nachgegangen sind: Was treibt einen Serienmörder an? Warum müssen Menschen seinetwegen sterben?
Das Motiv ist also nicht besonders originell, die Umsetzung ist allerdings sehr gelungen. In eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Zeichnungen wird atmosphärisch bedrückend und dramaturgisch spannend nach und nach die Geschichte einer 20-jährigen Ermittlung erzählt. Dabei geht es nicht nur darum, wie der Täter ergriffen und überführt wird oder wie er seine Taten beging. Überhaupt steht weniger der Killer im Fokus. Die zentrale Figur ist vielmehr der Polizist Tom Jensen, für den diese Ermittlungen zum Lebenswerk werden und für den daher die Frage nach dem Warum zur Sinnfrage wird. Er geht in 20 Jahren Tausenden von Hinweisen nach, muss zu fast 50 Opfern ermitteln, sich mit ihren Leichen auseinandersetzen und den Hinterbliebenen die Mitteilungen überbringen. Das alles lässt in ihm das Bedürfnis wachsen, nicht nur den Täter zu überführen, sondern die Taten zu verstehen. Durch die vielen Zeitsprünge wird dem Leser begreifbar, wie ein solcher Fall einen Ermittler verändern kann.
Die vielen Zeitsprünge verlangen vom Zeichner aber auch, dass er viele Figuren, insbesondere Tom Jensen, in verschiedenen Lebensaltern darstellt. Das gelingt ihm hervorragend. Der Leser kann die Spuren, die die Ermittlungen im Gesicht der Hauptfigur hinterlassen, je nach Jahreszahl ablesen. Gerade dies vermittelt die Stimmung der bedrückenden Geschichte und macht die Wirkung, die eine 20-jährige Beschäftigung mit einem Serienkiller auf einen Menschen haben kann, besonders eindrücklich.
Zum Ende hin wird die Geschichte sehr persönlich. Es ist spürbar, dass der Autor der Erzählung mit seiner Hauptfigur verwandt ist. So wird ein wenig aus dem weiteren Leben von Tom Jensen erzählt, ohne dass der Leser noch einen besonderen Zusammenhang mit der Geschichte der Ermittlungen herstellen kann. Die einzige Message des Epilogs ist vielleicht, dass auch nach so einer langen Geschichte und den damit verbundenen psychologischen Belastungen ein Leben normal weitergeht, aber das muss jeder für sich selbst hineinlesen. Auf die letzten Seiten hätte also auch gut verzichtet werden können.
Dennoch ist "Green River Killer" eine großartige Graphic Novel, die zwar kein neues Thema behandelt, dieses dafür aber dramaturgisch und zeichnerisch sehr eindrucksvoll umgesetzt hat!