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Marianne ist während einer Pestwelle im Dreißigjährigen Krieg als Einzige in ihrem Dorf nahe Rosenheim am Leben geblieben. Außer von ihrem Vormund, dem Abt des Rosenheimer Klosters, und ihrem Pflegebruder Anderl hat sie seither nur Ablehnung bis hin zu unverhohlenen Drohungen erfahren, gilt sie durch dieses Überleben doch als Hexe oder zumindest als mit dem Teufel im Bunde. Auch ihre Pflegemutter, eine Witwe, die eine Brauerei und die angeschlossene Gaststätte betreibt, empfindet Hass gegen sie und beutet sie zugleich unerbittlich aus.
Dann wird die Pflegemutter ermordet aufgefunden und Anderl als Täter verdächtigt. Marianne weiß durch ein mitgehörtes Gespräch, wer der Mörder und sein Gehilfe sind, doch einer von ihnen ist in der Stadt ein mächtiger Mann, und niemand wird ihr, dem Pestkind, Gehör schenken.
Inzwischen verhandeln die Stadtväter, darunter der Abt, mit den Anführern des schwedischen Heeres. Sie möchten die Stadt, die kurz zuvor von einem Teil der schwedischen Kräfte zur Drohung überfallen wurde, freikaufen. Zur Beute der Schweden gehört auch Marianne, die bei dem erwähnten Überfall dem Bruder des Anführers General Wrangel begegnet ist und ihm gefallen hat. Ihr Widerstand, ihre Verzweiflung sind zwecklos, Anderls Rettung scheint ausgeschlossen zu sein.
Nicole Steyer, die selbst aus der beschriebenen Gegend stammt und diese überzeugend in die Handlung einbindet, hat mit Marianne eine sympathische Heldin geschaffen, die trotz ihrer bitteren Erfahrungen aufrichtig, mutig und selbstbewusst geblieben ist und ihre Ideale nicht aufgibt. Auch die anderen Figuren wirken authentisch - der geistig ein wenig zurückgebliebene Anderl, die brutale Pflegemutter, der kluge und geachtete, doch nicht allmächtige Abt, der Mörder und sein einflussreicher Handlanger, nicht zuletzt die führenden Persönlichkeiten im Schwedenheer und etliche andere. Es tritt eine Vielzahl von Personen auf und vielfach auch wieder ab, was bei einem Roman um einen Krieg nicht verwundert. Verwirrung entsteht dennoch nicht: Jede Figur hat ihren Platz und sei ihre Aufgabe nur, Marianne an sich wachsen zu lassen oder diese und den Leser etwas über den Krieg zu lehren.
Die Geschichte an sich wurde spannend aufgezogen und verliert nicht, wie so viele längere Romane, zwischenzeitlich an Fahrt. Wenn sich Marianne oder ein anderer Protagonist - es ergeben sich immer wieder Wechsel in der Erzählperspektive, jedoch nicht zu viele - nicht gerade in einer brenzligen Situation befindet, bietet die Autorin fesselnde Beschreibungen vom Leben im "Wurm", dem gewaltigen Heer der Schweden mit allen angeschlossenen Personen, etwa der Marketenderin bis hin zu den mitreisenden Huren. Steyer hat definitiv sorgfältig recherchiert und macht in "Das Pestkind" eine spannende und schreckliche Zeit der mitteleuropäischen Geschichte lebendig. Dass die Liebe nicht zu kurz kommt, gibt der Story natürlich besondere Würze.
Ein lebendiger, mitreißender historischer Roman, der ans Gefühl appelliert, ohne zu "schmalzig" daherzukommen.
Eine
Leseprobe bietet die Verlagsseite zum Buch an.