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 Stalin

Geschichte und Kritik einer schwarzen Legende


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Stalin ist als einer der skrupellosesten und brutalsten Diktatoren des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingegangen. Domenico Losurdo will mit seinem Buch "Stalin - Geschichte und Kritik einer schwarzen Legende" zu einer Entdämonisierung beitragen, um so zu einem Urteil möglichst frei von Mythen und Legenden und eingebettet in seiner Zeit zu gelangen.

Das gut 450-seitige Buch ist weniger eine Biographie als eine systematische Darstellung der Politik Stalins, die Kapitel für Kapitel verschiedene Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen will. Leitfaden ist dabei die Geheimrede Chruschtschows von 1956. Losurdo behandelt in den acht Kapiteln beispielsweise, inwiefern Stalin die reine Lehre des Marxismus mit seiner Industrialisierungspolitik verraten hat oder wie die Deportation ganzer Völker zu bewerten ist.

Im Anhang des Buches findet sich ein Literaturverzeichnis, ein Personenregister sowie ein ausführliches Inhaltsverzeichnis.

Domenico Losurdos Buch "Stalin - Geschichte und Kritik einer schwarzen Legende" hält nicht das, was sie verspricht. Der Versuch der Entdämonisierung Stalins dient weniger der wissenschaftlichen Erkenntnis als vielmehr einer Relativierung, wenn nicht gar einer Apologie der stalinschen Politik.

Dabei ist der Ansatz des Buches gar nicht uninteressant. Anhand der Geheimrede Chruschtschows, die so ziemlich jedes bekannte antistalinistische Topos vorbringt, soll diskutiert werden, inwiefern welche Vorwürfe stichhaltig sind und welche nicht. Leider geht Losurdo dabei aber wenig wissenschaftlich vor, sondern will in jedem Kapitel entweder beweisen, dass Stalin im Recht war oder die Zeit und seine Gegner ihm sein Handeln aufgezwungen haben.

So wiederholen sich in den Kapiteln immer dieselben Argumentationsmuster. Dass Stalin einen Personenkult um sich aufgebaut hat, wird relativiert mit dem Argument, dass es sich dabei um ein Phänomen der Zeit gehandelt habe. Selbst Roosevelt habe das in Ansätzen betrieben. Ebenso wird mit den Deportationen umgegangen, die Stalin veranlasst hat. Vertreibungen habe auch bereits im Zarenreich statt gefunden oder im Nachgang des Zweiten Weltkrieges in Zentraleuropa. Da auch andere Böses taten, sollte Stalin hier mit Nachsicht beurteilt werden, so zumindest die offensichtliche Suggestion des Textes. Ob diese Art des Vergleichens überhaupt zulässig ist, wird vom Autoren nicht mal problematisiert oder reflektiert.

Ein weiteres Argumentationsmuster Losurdos ist es, Stalins Agieren damit zu rechtfertigen, dass seine politischen Gegner ebenso skrupellos waren. Belege kann er dafür kaum finden, denn Bucharin oder Trotzki hatten kaum die Gelegenheit diese These mit Fakten zu untersetzen. So werden Schauprozesse und politische Morde Stalins einfach mit dem Verweis darauf gerechtfertigt, dass es in Russland eben noch keine liberale Tradition gab. Das mag in der Tat ein Aspekt sein, aber allein erklärt oder rechtfertigt dieser Hinweis nichts.

Letztlich leistet diese relativierende bis apologetische Schrift nur an der ein oder anderen Stelle dem Leser auch mal eine prostalinistische Perspektive bekannt zu machen, die ihm bisher vielleicht unbekannt war. Aber die immer gleichen Argumentationsmuster des Autors, die tendenziöse Quellenauswahl und der durchweg zu wenig distanzierte prostalinistische Duktus des Textes geben dem Buch einen zu sehr propagandistischen Charakter, um überzeugen zu können. Wer mehr über Stalin wissen will, sollte zu weniger ideologisch einseitigen Werken greifen!

Andreas Schmidt



Taschenbuch | Erschienen: 29. April 2013 | ISBN: 978-3894384968 | Originaltitel: Stalin. Storia e critica di une legenda nera | Preis: 22,90 Euro | 451 Seiten | Sprache: Deutsch

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