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Bücher können Welten entstehen lassen oder vernichten. Furia Faerfax weiß das nur zu gut, gehört sie doch zu den wenigen Menschen, die magische Kraft aus Büchern schöpfen können. Im wahrsten Sinne des Wortes schöpft sie Kraft aus den Seiten und vermag die Grenzen der Physik zu überwinden. Sie kann Dinge bewegen, zerstören, sich in Sekunden über Tausende Meilen hinweg an fremde Orte versetzen und sogar töten.
Doch steht ihre gesamte Familie auch unter dem Fluch dieser Fähigkeiten, haben sich doch mächtige Feinde verbündet und geschworen, alle zu vernichten, die mit ihrem Vater, einem der mächtigsten Bibliomanen der Welt, verwandt sind.
Seit Jahrzehnten verstecken sich die Faerfax fern ab ihrer Heimat auf einem englischen Landgut und verbergen sich vor aller Menschen Augen. Doch ihre Feinde haben eine Spur und für Furia verändert sich in einer einzigen dramatischen Nacht alles - nicht nur ihr Leben ist in Gefahr, sondern das aller Bibliomanen.
"Die Seiten der Welt", lange angekündigter und glühend beworbener Roman aus der Feder von Kai Meyer, einem der erfolgreichsten deutschen Fantasy-Autoren, ist endlich in den Regalen der Buchläden zu finden. Schwarz-matte Grundfarbe, große, goldene Lettern und Verzierungen auf dem Schutzumschlag wie auf dem Karton des Einbandes, viele Seiten - die perfekte Anmutung eines Bestsellers. Zumal das Buch gleich dutzendfach aufeinandergestapelt in den Auslagen zu finden ist.
Da kann nichts schiefgehen. Kai Meyer steht für Qualität - und nicht wie beispielsweise Wolfgang Hohlbein für Quantität. Und dem Leser vergeht schnell der Atem, der Ruhepuls weicht hektischen Herzschlägen, der Schweiß bricht dem eher zartbesaiteten Leser aus. Was Meyer an Tempo vorlegt, ist enorm. Wenige Seiten nur und Action ist angesagt. Es herrscht Todesgefahr für die junge Protagonistin und eine spannende Szene jagt die nächste. Selten nur gibt es längere Passagen der Ruhe, Erklärungen finden sich selten, rasante Tempi bis zu den letzten Seiten beherrschen die Szenerie.
Leider bleiben viele Charaktere bei diesem Parforceritt eindimensional, es fehlt schlicht die Zeit, ihnen Facetten zu geben, sie zu mehr als Schachfiguren werden zu lassen. Die Hauptschwäche dieses Romans ist auch seine Stärke: Der Spannungsbogen ist so nervenzerfetzend hoch angesiedelt, dass einfach keine Zeit zum Luftholen bleibt. Der Autor versäumt es leider, seine zahllosen wundervollen, skurrilen und oft einmaligen Ideen ausreichend zu würdigen. Der Leser ist am Ende zwar restlos begeistert, trauert aber auch den vielen Momenten nach, die vergehen, ohne Tiefe zu erlangen.
Was in den großen Tintenherz-Romanen von Cornelia Funke vielleicht übertrieben ausführlich vor dem Leser ausgebreitet wird, weicht hier dem Zeitgeist: schnell, fast hastig, Chanel crossing statt Verweilen, Be- statt Entschleunigung. Das ist sicherlich Erfolg versprechend doch leider auch ein klein wenig enttäuschend. Immerhin ist dies ein Buch und kein IPod.
Das Fazit ist eindeutig. "Die Seiten der Welt" ist ein sehr spannender, großartiger Roman über einen toughen, starken Teenager, der viele Millionen Leser verdient und glühende Kritiken nach sich ziehen wird - doch er ist auch ein hastig durch eine Geschichte rasender Kraftakt, der allzu viele Handlungsfäden leichtfertig am Rande liegen lässt und ihnen die ihnen gebührende Zeit nicht einräumt.
Wer sich selbst ein Bild von diesem Buch, seinem Autor und den vielen Facetten der Geschichte machen will, sollte unter
www.seiten-der-welt.de einen Blick riskieren - enorm, was sich da ein ganzes Kreativ-Team hat einfallen lassen.