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 Peter Pan

Gesamtausgabe 1

Serie: Peter Pan, Band 1
Autoren: Régis Loisel
Illustratoren: Régis Loisel
Übersetzer: Eckart Sackmann
Verlag: Ehapa Comic Collection

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Für sein Leben gerne erzählt Peter den Waisenjungen von seiner wunderschönen Mutter, die ihn liebt und umsorgt. Was sie nicht wissen ist, dass er zwar eine Mutter hat, diese aber alles andere als liebevoll ist. Die Alkoholikerin ist brutal und schert sich nicht um Peter, sie würde ihnen Sohn am liebsten los werden. Nur, um Nachschub für ihre Sucht zu besorgen, taugt er in ihren Augen. Der Junge tut, was seine Mutter verlangt, denn er möchte ihr gefallen und wünscht sich, dass sie zu der liebevollen Mutter aus seiner Erzählung wird. Ein unerfüllbarer Wunschtraum.
Angewidert von dieser Welt voller Gewalt, Egoismus und Sex, in der er nur knapp einer Vergewaltigung entgangen ist, ist der Junge offen für das Fantastische. Als sich ihm die kleine Fee Glöckchen zeigt, zögert er nicht und fliegt mit ihrer Hilfe in das rätselhafte Nimmerland. Ohne es zu wissen, kommt er aber nicht bei Pan, Glöckchen, den Nixen und ihren Freunden an, nein, es verschlägt ihn ausgerechnet auf das Schiff eines gefürchteten Piraten. Der hat nichts anderes im Sinn, als die Nimmerländer ihres Schatzes zu berauben. Allerdings kommt er nicht an dem Bewacher, einem riesigen Krokodil, vorbei. Mit einem Jungen kann er eigentlich herzlich wenig anfangen, obwohl Peter die Piraten toll findet. Allerdings findet der Käpt'n schnell heraus, dass der Junge fliegen kann und das ist schon eher etwas, woraus sich Kapital schlagen lässt. Und so wird Peter Mitglied der Piratencrew. Darüber ist nicht nur Glöckchen unglücklich, denn sie hat Peter nicht ohne Grund aus London in ihre Welt gebracht: Er sollte ihr und ihren Freunden gegen den Käpt'n beistehen und nicht auf seiner Seite kämpfen. Jetzt kann nur noch Pan helfen ...

Vierzehn Jahre hat es gedauert, bis die Comicserie "Peter Pan" von Régis Loisel beendet war. Zwischen 1991 und 2005 sind insgesamt sechs Bände erschienen, die jetzt als Gesamtausgabe in zwei Teilen, die jeweils drei Bände enthalten, auf Deutsch neu aufgelegt wurden. Abgerundet wird die Auflage durch den redaktionellen Teil, in dem ausführlich und mit Bebilderung von Loisels Werdegang berichtet wird. Dieser Part ist ebenso wie die Geschichte auf die beiden Bücher der Gesamtausgabe verteilt.

Erzählt wird die Vorgeschichte zu Sir James Matthew Barries bekanntem Kinderbuch "Peter Pan". Zu Anfang ist Peter ein ganz gewöhnliches Kind und muss unter extremen Umständen im London des Jahres 1887 leben. Ungeliebt und ausgenutzt schlägt er sich durch und es wird schnell klar, warum er ein eingebildetes Großmaul ist, obwohl in ihm eigentlich ein herzlicher kleiner Junge mit dem Wunsch nach Liebe wohnt. Was Peter erlebt ist unfassbar grausam und rührt zu tränen. Nicht genug damit, dass seine eigene Mutter ihn hasst, auch sonst hat der Junge nicht viel zu lachen. Durch sein gutes Aussehen ist nämlich sein Körper heiß begehrt. Dem Leser wird schnell klar, dass er zwar durch die äußeren Umstände nicht gerade zu einem netten Kerl geworden ist, sein Drang anderen Kindern Märchen und von schönen Dingen zu erzählen, ist aber plötzlich viel positiver einzustufen, wenn man ihn einmal kennengelernt hat.
Der Autor und Zeichner Loisel begibt sich auf die Schiene des menschlichen Abgrundes und fordert dem Leser ein vielschichtiges Verstehen für seine Geschichte ab. Ein ständiges Hinterfragen und Beobachten, distanziertes Miterleben und Nachempfinden helfen dabei, Peter zu verstehen. Diese Herausforderung an den Konsumenten nimmt er auch mit, wenn die Handlung in die fantastische Welt von Nimmerland wechselt, denn auch, wenn diese Welt bunt und warm und so ganz anders als Peters London ist, so zeigt sie sich doch in vielschichtigen Facetten, die weit über ein einfaches Kindermärchen hinausgehen. Zwar stellt der Käpt'n eine absolut böse Figur da, es werden ihm aber Tiefe und Anreize für sein Tun gegeben. Alle Charaktere haben Hintergrund und ein eigenes Wesen, das Loisel fast spielend einzufangen scheint, egal wie wenig oder viel Worte oder Bilder er für eine Figur zur Verfügung hat.

Loisels Zeichenstil ist voller Kanten und harter Striche, was gut zur Erzählung passt. Besonders gelungen ist seine Darstellung von Gesichtern in höchster emotionaler Erregung, egal ob sie positiv oder negativ ist. Gefletschte Zähne überzeugen ebenso wie ein strahlendes Lächeln.

"Peter Pan" ist ein großartiges Werk, das irgendwo zwischen Drama und Fantasy einzuordnen ist. Die Geschichte fordert ihre Leser vor allen Dingen emotional und ist keineswegs für Kinder geeignet.


Der Verlag bietet auf seiner Webseite eine Leseprobe an, die aber leider nur einen Einblick in den redaktionellen Teil erlaubt.

Bine Endruteit



Hardcover | Erschienen: 6. November 2014 | ISBN: 9783770438334 | Originaltitel: Peter Pan | Preis: 29,99 Euro | 184 Seiten | Sprache: Deutsch

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