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Für sie selbst überraschend ist die Münchnerin Sabine Nemez an der Akademie für hochbegabten Nachwuchs des BKA in Wiesbaden angenommen worden, ohne deren Auswahlverfahren durchlaufen zu müssen. Damit erfüllt sich nicht nur ein lang gehegter Traum für sie, sondern sie hofft außerdem, ihre zerrüttete Fernbeziehung zu einem Wiesbadener BKA-Beamten kitten zu können.
Ihr Ausbilder Maarten S. Sneijder setzt seine Gruppe auf mehrere bestialische Mordfälle an, die bislang ungelöst sind und zwischen denen ein Zusammenhang bestehen könnte. Schon bald brilliert Sabine, indem sie ungewöhnliche Schlüsse zieht und nötigenfalls riskante Alleingänge wagt.
Zur selben Zeit befasst sich in Wien die Staatsanwältin Melanie Dietz mit Clara, einem zehnjährigen Mädchen, das ein Jahr lang spurlos verschwunden war und nun unter rätselhaften Umständen wieder aufgetaucht ist, traumatisiert und mit einer riesigen Tätowierung auf dem Rücken, die einen Ausschnitt aus Dantes Inferno zeigt. Sehr bald begreift Melanie, dass Clara Leidensgenossinnen haben muss: Im Wienerwald wird eine Mädchenleiche gefunden, der die Rückenhaut fehlt.
Während Sabine Nemez und Sneijder etlichen Spuren folgen, die scheinbar keinen Sinn ergeben, erweist sich, dass es in Österreich ein Bindeglied für ihre Fälle geben muss.
Bei "Todesurteil" handelt es sich um den zweiten Fall mit Sabine Nemez und Maarten S. Sneijder; den Anfang machte
"Todesfrist". Sabine, die mit großen Erwartungen nach Wiesbaden gekommen ist, muss rasch erkennen, dass sich nicht nur die Beziehung zu ihrem Freund kaum so entwickeln wird, wie sie es erhofft hat, sondern dass sowohl die meisten ihrer Mitstudierenden an der Akademie als auch die Lehrer ihr mit Misstrauen und Abneigung begegnen, weil sie ohne Test an der Eliteschmiede angenommen wurde. Wem sie dies zu verdanken hat, erfährt sie erst später. Doch das alles scheint zunächst weniger relevant zu werden, als sie und ihre Gruppe samt Maarten S. Sneijder tief in die verstörenden Fälle eintauchen, mit denen sie der Ausbilder konfrontiert.
Andreas Gruber ist es gelungen, seinen hochkomplexen Plot so aufzubauen, dass die Spannung trotz des beachtlichen Umfangs des Thrillers durchgehend erhalten bleibt – keine leichte Aufgabe! Auch löst er alle Rätsel und losen Enden schließlich auf. Im Großen und Ganzen bleiben Handlung und Hintergründe glaubwürdig und gut nachvollziehbar. Na gut, dass eine hochintelligente Sabine Nemez und ihre Lieblingskollegin während einer Feier Hals über Kopf in Highheels und unbewaffnet in unwegsames Gelände zur Mörderjagd aufbrechen, mag ein wenig absurd sein, ist aber gut für die Dramaturgie.
Die untersuchten Morde wirken recht gruselig: eine mit ihren Haustieren zerstückelte und als groteske Collage neu zusammengesetzte Familie in Berlin, ein an der Nordsee zu Tode gemartertes und regelrecht in Scheiben zerteiltes junges Mädchen aus Österreich, ein raffiniert eingefädelter Mord in Nürnbergs Sado-Maso-Szene … und nicht zuletzt Clara und ihre Leidensgenossinnen, deren Rücken mit Dantes "Inferno" "verziert" wurden. Zunehmend begreift der Hörer jedoch die Hintergründe dieser Taten und ihren absurden Sinn für den oder die Mörder; ob es sich um einen oder mehrere Täter handelt, bleibt fast bis zum Ende offen.
Gruber hat die Charaktere interessant angelegt. Als spannendste Figur tritt zweifellos der Misanthrop Sneijder auf, der Sabine dann natürlich doch unfreiwillig den ein oder anderen menschlichen Zug offenbart. Während die Wiener Staatsanwältin Melanie Dietz meist einen Hauch zu perfekt und gegen Ende einmal einen Hauch zu dumm ist, wirkt Sabine Nemez überzeugend, ebenso die meisten anderen Akteure. Eingestreute Zitate aus Dantes Werk verdichten die gruselige Atmosphäre. Die gut 15 Stunden Hörzeit werden an keiner Stelle lang. Hierzu trägt auch Sprecher Achim Buch bei, der nicht nur ohne jegliche Ermüdungserscheinungen packend liest, sondern auch den einzelnen Protagonisten eigene Timbres und Sneijder einen wunderbaren holländischen Akzent verleiht.
Rundum empfehlenswert – ausgedehnter Hörgenuss ohne Spannungseinbrüche!
Eine
Hörprobe wird auf der Verlagsseite zum Hörbuch angeboten.
Geliefert wird das Hörbuch als ansprechend und informativ gestaltetes Karton-"Leporello" mit Steckfächern für die zwei mp3-CDs.