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Grizzlybären sind stur, grob und ziemlich brutal, zumindest im Comic des bekannten Zeichners The Oatmeal (Matthew Inman). Dieser hat auch ein Patentrezept parat, wie der Titel der hier besprochenen Comicsammlung aufzeigt: Die Grizzlys sollten Unterhosen tragen, weil sie dadurch stets daran erinnert werden, wie albern ihre Genitalien von hinten aussehen, wenn sie ohne Höschen herumlaufen – und dieser Gedanke macht sie bescheiden.
Meist geht es in den rund 50 frechen Geschichten jedoch um den klassischen Stadtbewohner und die Herausforderungen, die das Leben in Form von E-Mail-Tsunamis, süchtig machendem App-Kauf, öffentlichen WCs, dem Valentinstag sowie Liebe ganz allgemein und dem ganz normalen Wahnsinn bei der Kindererziehung an ihn stellt. Und das sind nicht wenige.
Da verschuldet sich einer, um das neuste Apple-Produkt zu kaufen, und für ganz kurze Zeit ist er der Größte, nur um feststellen zu müssen, dass wenig später alle das Nachfolgemodell besitzen und er völlig "out" ist. Folgerichtig verkauft er alles, was er hat, damit er das aktuelle Modell erstehen kann. Dass er nun obdachlos ist, stört ihn nicht weiter.
Rechnerabstürze sind ebenso ein Thema wie der Sex in Nordamerika, das erste Auto und der Wissenserwerb in der High School. Nebenbei lernt der Leser sehr anschaulich den Lebenszyklus des Plattwurms mitsamt Wirt und Zwischenwirten kennen, und er erfährt, warum Oatmeal nicht zu Hause kocht. Am Ende geht es um Träume von Mensch und Hund, und irgendwie … ja, irgendwie erkennt man sich allerspätestens an dieser Stelle in The Oatmeals Hauptfigur selbst wieder.
Allzu prüde darf The Oatmeals Leserschaft nicht sein – die Warnung "Nicht geeignet für Minderjährige und zart besaitete Gemüter" auf der Buchrückseite ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Freilich bezieht sich die zarte Besaitung doch eher auf US-Normen; der europäische Leser, dem Satire mit Missachtung der Gürtellinie vertraut ist, dürfte nicht unmittelbar in Ohnmacht fallen, wenn Geschlechtsteile fachlich korrekt oder etwas umgangssprachlicher benannt werden. "Schlimmer" wird's dann gar nicht.
Das Liebesleben von Mensch und Plattwurm (der Grizzlybär bleibt in dieser Hinsicht außen vor) ist jedoch nur eine von zahlreichen Irrungen und Wirrungen des Alltags, die der Zeichner gründlich durch den Kakao zieht: und zwar so, dass es wirklich etwas zu lachen gibt, sowohl wegen der Inhalte als auch der urkomisch gezeichneten Figuren. Um politische Korrektheit schert sich The Oatmeal nicht; das würde beim Versuch, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, auch enorm stören. Man darf sich auf ironisch ausgewalzte Klischees freuen und auf gehässige Auseinandersetzungen mit dem Sprachgebrauch. In diesem Zusammenhang sei die hochwertige Übersetzung erwähnt, die die vielen Wortwitze geschickt aufnimmt und vermittelt – kein leichtes Unterfangen.
Die Zeichnungen sind eher schlicht, haben jedoch einen hohen Wiedererkennungswert. Ohne viel Drumherum konzentrieren sie sich aufs Wesentliche. Dass sie farbig sind, erstaunt da beinahe. Texte und Bilder kommen stets auf den Punkt und bieten sowohl eine vielschichtige Gesellschaftskritik als auch ganz einfach jede Menge Vergnügen und reichlich zu lachen. Satire kann und soll eben auch Spaß machen.