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 Ich, Coriander

Autoren: Sally Gardner
Verlag: cbj

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Vor dem Hintergrund des englischen Versuchs, die Monarchie abzuschaffen und eine Republik zu werden, spielt dieses beeindruckend reale Märchen.

Das Mädchen Coriander Hobie wächst fröhlich und unbeschwert in London auf. Ihr Vater ist ein reicher Kaufmann, ihre Mutter eine begabte Heilerin. Doch mitten im Bürgerkrieg kann auch dieses Leben nicht ewig ungehindert weitergehen. Zunächst berührt es Coriander nicht wirklich, dass der König geköpft wird und England Republik werden soll, ihre eigenen Probleme interessieren sie viel mehr. Coriander bemerkt nämlich, dass sie oft Visionen von der Zukunft hat. In einer abergläubischen Umgebung muss sie dies geheim halten, genauso wie ihre Mutter.
Eines Tages liegt ein Paar wunderschöner grauer Schuhe aus feiner Seide vor der Tür, in die "Coriander" eingestickt ist. Sie möchte sie unbedingt haben, doch die Mutter verbietet es, sie scheint Angst vor den Schuhen zu haben, denn, wie sie sagt, nichts in dieser Welt ist umsonst.
Doch als Coriander es nicht mehr aushält und die Schuhe anzieht, fängt ihre Welt langsam an zu zerbrechen. Die Schuhe scheinen ein Eigenleben zu haben und lassen sich nicht beliebig an- und ausziehen. Auch bringen sie Coriander in eine Art Wahnzustand, in dem sie einer alten, unheimlichen Frau begegnet und von einem Raben beobachtet wird. Kurze Zeit nach diesem Erlebnis wird Corianders Mutter schwer krank und stirbt. Doch auch dies ist noch nicht der Höhepunkt der schlimmen Ereignisse. Coriander entdeckt, dass ihre Mutter eine Fee war, die in der Feenwelt mächtige Feinde hatte. Diese Feinde dringen nun indirekt in Corianders Leben ein - sie zwingen den Vater zu einer Hochzeit mit einer puritanischen und fanatischen Frau, welche das Übel endgültig in das Haus der Hobies bringt. Diese Frau gibt Coriander und ihre eigene Tochter Hester zu einem Priester in die Ausbildung, der brutal mit den beiden Mädchen umgeht und versucht, ihren Willen zu brechen. Durch die Macht der Gegner aus der Feenwelt muss auch Corianders Vater sie verlassen, er muss fliehen, da er des Verrats beschuldigt wird. Der Vater nämlich machte nie einen Hehl aus seiner Sympathie für den König, was nun, nach dessen Hinrichtung, einem Verbrechen gleichkommt.
Eines Tages eskaliert ein Streit zwischen Coriander und dem Priester, er sperrt sie in eine schwere Truhe. Dies wirkt wie Corianders Todesurteil, doch wird sie in die Feenwelt versetzt.
In dieser bleibt sie drei Jahre, nach menschlicher Zeitrechnung, und wird dann mit einem Auftrag zurückgeschickt. Sie soll den Feenschatten ihrer Mutter finden, welchen sie bei ihrer Hochzeit aufgab, um die Feenwelt vor der herrischen Königin zu retten. Ein dramatischer Kampf ums Überleben und zwischen Gut und Böse beginnt.

Dieses Buch ist eine sehr schöne Vermischung zweier Genres. Einerseits wird das Leben im Jahre 1660 beschrieben, als der Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Protestanten gerade zu einem Ende kam, andererseits wird eine Feenwelt erschaffen und mit der menschlichen Welt verwoben. Sehr schön werden die Gefahr und Brutalität von religiösen Fanatikern dargestellt, die es in jeder Religion gibt, in diesem Falle sind es protestantische Fanatiker.
Auch die Probleme eines Volkes, welches immer in einer Monarchie lebte und nun auf einmal ohne König dasteht, werden gezeigt. Schon seltsam: Sobald der König geköpft ist, wollen fast alle wieder einen haben, da es vorher doch besser und friedlicher war.
Die Feenwelt wird wunderschön beschrieben, auf den ersten Blick scheint sie eine märchenhafte Idylle zu sein, bevor der Leser zusammen mit Coriander entdeckt, dass auch diese Welt in Gefahr ist und unter einer bösen und unrechtmäßigen Herrscherin leiden muss, ähnlich wie England, das zu dieser Zeit von Oliver Cromwell und nicht von einem König regiert wurde.

Der Schreibstil des Buches ist auch für Kinder leicht verständlich, was zum Teil auch daran liegt, dass die Autorin an Dyslexie leidet und daher Schwierigkeiten hat, sich lange Wörter zu merken und sie zu schreiben. So hat das Buch eine ganz eigene Poetik, da die Wörter ideal zusammen passen. Auch für vorlesende Eltern ist dies eine gute Erleichterung.
Doch obwohl auf Schilderungen von Gewalt weitgehend verzichtet wird, ist das Buch doch nicht unbedingt für unter Zehnjährige geeignet. Es ist keine sonderlich angenehme Vorstellung, in eine enge Kiste gesperrt zu werden, als Fuchs von Jägern gehetzt zu werden oder von einem Alligator zu Tode gebissen zu werden. Dies sind Szenen aus dem Buch, die nur angedeutet oder kurz erwähnt werden, sie werden nicht genau beschrieben und vieles bleibt auch der Fantasie der Leser überlassen. Doch diese Fantasie ist bei Kindern noch besonders ausgeprägt, daher sollten sich Eltern sicher sein, dass ihre Kinder sich solche Ereignisse nicht zu sehr zu Herzen nehmen.

Sehr gut gelungen ist das kurze Nachwort, in welchem die historischen Hintergründe nochmals detailliert beleuchtet werden.

"Ich, Coriander" ist ein sehr schönes und abwechslungsreiches Kinderbuch - das aber auch für Jugendliche oder Erwachsene interessant sein kann -, welches sehr viele verschiedene Themen anspricht, unter anderem die Hexenverfolgung, religiöse Eiferer, Revolution und Bürgerkrieg, und, nicht zuletzt, die Schönheit der Feenwelt und die Gefahr, in der sie schwebt.
Coriander stellt eine sehr gute Identifikationsfigur dar, da der Leser alles über ihre Gefühle erfährt und sie durch mehrere Jahre ihres Lebens begleitet, in denen sich alles von gut zu schlecht wandelt und Coriander es selbst in die Hand nehmen muss, ihr Leben wieder zu verbessern.

Anja Thiemé



| Erschienen: 01. Februar 2006 | ISBN: 3570131041 | Originaltitel: I, Coriander | Preis: 12,90 Euro

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