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Ein Hinweis vorweg: Hierbei handelt es sich um den zweiten (und abschließenden) Band einer Serie, in dessen Inhaltsangabe ein Teil des Geschehens vorweggenommen wird.Peter hat es geschafft. Er konnte seinem Freund, dem Pan, die Kugel herausoperieren, die ihn getroffen hatte. Der Ziegenfuß ist immerhin sein engster Freund im Nimmerland. Völlig erschöpft zieht der Junge sich zurück. Doch das Glück lässt Pan im Stich, er erliegt trotz aller Hilfe seinen Verletzungen. Peter ist entsetzt, als er davon hört. Wie konnte das nur passieren? Ihm fällt ein, dass er bei der Operation nicht alles so gemacht hat, wie es ihm sein Freund aus London, ein Arzt, erklärt hatte. Ist am Ende er selbst schuld am Tod des Freundes? Verzweiflung und Trauer drohen sein Herz zu zerfressen. Bis er sich endlich besinnt und mit der Unterstützung von Freunden darauf hingewiesen wird, wer der wahre Übeltäter ist: natürlich der Piraten-Kapitän, der Pan angeschossen hat. Doch wer soll jetzt gegen den Bösewicht kämpfen? Peter muss das selbst in die Hand nehmen. Und zur Unterstützung holt er seine alten Londoner Freunde nach Nimmerland, die Jungs aus dem Waisenhaus, denen er früher immer Geschichten erzählt hat. Vielleicht schaffen sie es gemeinsam, noch alles zum Guten zu wenden.
Wäre da doch bloß nicht das riesige Kroko, das sowohl dem Kapitän als auch Peter das Leben schwer macht. Es muss schließlich den Schatz bewachen. Und Menschenfleisch schmeckt wirklich lecker...
Wer die Originalgeschichte um "Peter Pan" gelesen hat und mal ein bisschen genauer hinschaut, wird schnell merken, dass die Adaption von Sir James Matthew Barrie nur in groben Zügen etwas mit der verklärten Version von Walt Disney zu tun hat. Doch obwohl Régis Loisel als der Macher dieses Comics eher den Zeichentrickfilm vor Augen hatte, als er sich an die Arbeit machte, ist sein Werk noch um einiges grausamer geraten. Was bei Barrie nur zwischen den Zeilen zu lesen ist, wird bei Loisel blutige Comic-Realität. Es ist fast erschreckend, dass das Werk gerade deswegen so gut gelungen ist. Hier bekommt der Leser keine weichgespülte Kinderwelt vorgesetzt, sondern eine harte und realistische, die auch viele Schattenseiten des Lebens zeigt. Dass ein Großteil der Geschichte dabei gar nicht in Peters Heimat London sondern im Nimmerland spielt, ist dabei nebensächlich. Lebensgefährliche Verletzungen, Eifersucht, Freunde und Hoffnung gibt es in beiden Welten.
Besonders bewegend ist es, wenn der Leser realisiert, wie sehr ihn Peters Schicksal gefangen nimmt und wie viel Verständnis er für seine Taten aufbringt, egal wie grausam und fragwürdig sie sein mögen. Auch andere Figuren verhalten sich alles andere als vorbildlich. Egoismus ist ein zentrales Thema, auch wenn es nicht auf dem Silbertablett präsentiert wird.
Hier wird auch endlich erklärt, wie Peter zu seinem Namenszusatz Pan kommt und wieso ihm dieser Part seiner Persönlichkeit so viel bedeutet. Nur eine Kleinigkeit habe ich im Bezug auf das Original vermisst: Loisel geht nicht auf Peter Pans Schatten ein, der sich im Original selbstständig machen kann, ansonsten kommen jedoch alle wichtigen Schlüssel der Geschichte vor. Ja, Loisel ergänzt sie sogar um einige spannende Details, die beim Lesen den Atem stocken lassen, wenn sie an die Oberfläche kommen. Als Stichwort seien hier die berühmten Morde von "Jack the Ripper" und Peters Familiengeschichte genannt.
Loisels Vorgeschichte und Neuinterpretation des klassischen Peter Pan-Stoffes berührt den Leser und lässt ihn sprachlos zurück. Die Handlung überzeugt durch ihre nur allzu mögliche Grausamkeit und den kindlichen Egoismus, der vielen Figuren eigen ist, egal in welchem Alter sie gezeigt werden. "Peter Pan" ist definitiv ein Comic für Erwachsene, die sich dieser emotionalen Achterbahnfahrt stellen wollen.
Der Egmont-Verlag bietet auf seiner Webseite eine Leseprobe an.