Drachen sind unter uns. Sie können menschliche Gestalt annehmen und wirken völlig normal, wie du und ich. Ember Hill muss das wissen, denn sie ist einer von ihnen. Zusammen mit ihrem Bruder Dante soll sie eine Weile unter Menschen leben und ihre Tarnung perfektionieren, so will es Talon, die geheime Organisation der Drachen. Seit Jahrhunderten wird das so gehandhabt, um das Überleben der Drachen zu sichern, denn die Gegner der mächtigen Wesen sind in der Übermacht. Zu zahlreich sind die Menschen und zu groß waren die Verluste der Echsen in der Vergangenheit. Auf Ember und Dante wird Talon besonders achtgeben, schließlich gab es noch nie zuvor unter Drachen ein Geschwisterpaar. Die beiden sind besonders gefährdet, denn der Orden des St. Georg wird nicht ruhen, bis beide getötet wurden, sollte er je von ihnen hören. Davon will Ember aber nichts hören, als sie endlich wie ein Mensch leben kann und Freunde findet. Besonders Garret hat es ihr angetan, doch auch er hat ein Geheimnis.

Da ist es also, das neue Buch Julie Kagawas. Wer ihre vorherigen Bücher kennt, darf gespannt sein. Ob bei den Iron Fey oder ihrer "Unsterblich" -Reihe, Kagawas Helden sind tough, haben Herz und müssen sich in einer gefährlichen Umgebung herumschlagen, was es leicht macht, sie ins Herz zu schließen und mit ihnen zu bangen. So wird es doch wohl auch bei "Talon - Drachenzeit" sein, oder?

Nun ja, ganz so einfach wird es nicht, auch wenn die Voraussetzungen stimmen. Immerhin, die Idee, Drachen in Menschengestalt unter uns leben zu lassen, ist reizvoll und die Heldin in eine für sie ungewohnte Situation zu schicken, gibt noch mal etwas Würze hinzu. Doch Ember ist eine zu glatte Heldin, um wirklich mit ihr zu bangen. Sie ist nicht nur ein Drache, sondern gleich ein außergewöhnlicher dazu. Natürlich ist sie gutaussehend und sportlich, aber nicht nur das, sie findet auch sofort echte Freunde und fällt nicht nur einem, sondern gleich zwei Jungen auf, die sofort erkennen, dass sie etwas Besonderes ist. Puh, das ist ein bisschen viel auf einmal, zumal Ember sich in bestem Teenageralter befindet. Da haben schon normale Jugendliche ihre Probleme und es wäre nicht zu viel verlangt, wenn es Ember ein wenig schwerer fallen würde, ihre Rolle zu spielen.So bleibt sie zu oberflächlich und ist nicht mehr als ein Surfergirl mit einem ungeliebten Tagesjob.

Ihr Love Interest dagegen, Garret, hat mehr Probleme, sich einzufügen, doch auch er schafft es über weite Strecken, das Hauptproblem zu ignorieren, nagt in ihm doch der Verdacht, dass seine Freundin einer anderen Spezies angehört. Natürlich wäre es uncharmant, seiner Freundin zu sagen, dass sie so groß wird wie ein Blauwal, aber nachdenken dürfte er darüber schon.

Nein, diese Liebesgeschichte ist zwar niedlich und funkelnd wie ein Drachenschatz, aber echtes Gold lässt sich hier nicht finden. Abschreiben lässt sich "Talon" jedoch so einfach nicht. Zu gut ist die Idee einer Organisation der Drachen und auch die offenen Handlungsstränge weisen darauf hin, dass die Handlung noch Fahrt aufnimmt und an Intensität zunimmt. Immerhin gibt es noch Dante, der in diesem Band blass bleiben musste und Gefahr läuft, einen fragwürdigen Lebensweg einzuschlagen. Auch Riley, der Bad Boy unter den Drachen, ist eine interessante Figur.

So ganz ist Julie Kagawa noch nicht zu ihrer gewohnten Form aufgelaufen, doch es zeichnet sich ab, dass sie der Geschichte einige spannende Facetten hinzufügen wird. Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Handlung sich langsam steigert und die Trilogie somit zu einer runden Sache wird. Bald folgt der zweite Teil der Reihe und "Talon" erhält eine zweite Chance, die Flügel zu spreizen und abzuheben.

Eine Leseprobe findet sich bei Random House.