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Es ist kaum zu glauben, doch nach seinem Sieg über Dracula ist Abraham Van Helsing ein gebrochener Mann. Der Kampf mit dem Ungeheuer hat ihn bis in seine Grundfesten erschüttert und nun lebt der Doktor zurückgezogen in seinem Haus in London, umsorgt von seinem treuen Diener Peter. Immerhin, sein guter Freund Frederik Abberline besucht ihn, wenn auch nicht uneigennützig. Er braucht vielmehr die Hilfe des Doktors, denn in London geschehen rätselhafte Verbrechen. In Whitechapel werden auf fürchterliche Art Frauen ermordet und der Täter ist einfach nicht zu fassen. Aufgerüttelt erklärt sich Van Helsing bereit, zu helfen, doch bald steht er vor einem Abgrund, der ihn in die Tiefe zu ziehen droht.
So, so, Dracula also. Was hat der legendäre Vampir denn nun mit Jack the Ripper zu schaffen? Nicht viel, das merken die Leser schnell. Dracula dient nur dazu, Van Helsing in die Geschichte einzuführen und als verhängnisvolles Orakel zu dienen, das einen düsteren Ausblick auf die Zukunft des Doktors Van Helsing wirft und diesen damit völlig aus der Bahn wirft.
Damit veröffentlicht der Splitter Verlag ein weiteres Crossover der Comicreihe "Collection 1800".So durften in letzter Zeit Sherlock Holmes auf Zombies treffen, Mr Hyde auf Frankenstein und nun eben Abraham Van Helsing auf den wohl berühmtesten britischen Serienmörder. Was klingt wie eine willkürliche Mischung diverser Schockelemente, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als eine raffinierte Mischung aus Horrorroman und Detektivgeschichte, bei der Autor Jaques Lamontagne die Morde zwar deutlich zeigt, dabei aber auf jede reißerische Sensationslust verzichtet. Sie bilden den Rahmen der Handlung, sind aber kein Selbstzweck. Stattdessen legt er Wert darauf, seine Figuren überzeugend zu gestalten und ihre Konflikte für die Leser offenzulegen, allen voran seine Hauptfigur, Van Helsing.
Draculas letzte Worte an seinen Widersacher haben diesen dazu bewogen, sich von der Gesellschaft zurückzuziehen und als ein Gefangener seiner Depressionen in seinem eigenen Haus zu leben. Nur sein treuer Butler ist noch bei ihm und es scheint anfangs, dass nichts und niemand ihn aus seiner Isolation holen kann. Als dann sein Freund, Inspektor Abberline ihn bittet, diesen bei einem Kriminalfall zu unterstützen, rüttelt dies den Doktor zwar auf, doch bleibt er innerlich in seinen Ängsten gefangen. Schlimmer noch, je länger er bei den Ermittlungen hilft, umso mehr scheint er in einen Albtraum verstrickt zu sein. Abberline kann nichts weiter, als besorgt zusehen, wie sein Freund sich immer weiter von ihm entfernt. Die Aufklärung der entsetzlichen Frauenmorde rückt näher, doch Van Helsing steuert auf einen Abgrund zu.
Autor Jacques Lamontagne spielt hier gekonnt mit den Emotionen seiner Figuren, legt für sie und die Leser falsche Fährten aus und zieht die Schlinge immer enger zu. Van Helsing weiß bald nicht mehr, ob er bedroht wird, sich das nur einbildet, oder ob er eine Gefahr für seine Freunde ist. Völlig verzweifelt sucht er wie ein Besessener nach der Wahrheit, was der Handlung Spannung verleiht und es dem Leser einfach macht, mit dem Protagonisten zu fühlen. Van Helsing ist ein greifbarer, ein glaubhafter Held, der an sich zweifelt und mit seinen Ängsten auseinandersetzen muss. Während der gesamten Geschichte bleibt der Fokus auf ihm, die eigentliche Mordserie ist zwar präsent, lenkt die Aufmerksamkeit der Leser aber niemals von Van Helsing ab.
Bill Reinhold, in diesem Comic für die Illustrationen verantwortlich, unterstützt mit seinen Panels diese Stimmung meisterlich. Sein Spiel mit Licht und Schatten versetzt den Betrachter tief ins sehr sepiafarbene viktorianische Zeitalter. Ob der Feuerschein auf den Gesichtern der Personen oder die düstere Umgebung Whitechapels, er setzt die Mimik der Personen beindruckend in Szene. Wer hier die Bilder nur überfliegt, verpasst wichtige Hinweise, die das Lesevergnügen steigern.
"Van Helsing vs. Jack the Ripper" ist ein Genuss, sowohl für die Liebhaber viktorianischer Geschichten als auch für Freunde des Suspense. Die exzellente Umsetzung der Idee macht Freude und Lamontagne lässt ganz zum Schluss der Geschichte noch die Hoffnung zu, dass der Leser sich noch auf weitere Comics freuen kann, nimmt er doch Bezug auf einen weiteren mysteriösen Fall, der in bald beschäftigen könnte.
Auf der
Verlagsseite ist ein Blick ins Buch möglich.