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Ruby Tuesday, das klingt nach den Stones, nach Freiheit und den Siebzigern. Doch Melanie Dinstag, so hieß Ruby ursprünglich, hat für ihren Traum teuer bezahlt. Kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag ist Ruby ganz unten angekommen. Fettleibig, alkoholabhängig und verarmt schlägt sie sich mehr schlecht als recht durch das Leben und hat keine Freunde, die ihr zur Seite stehen könnten. Mit ihrer Nachbarin hat sie sich ganz gut verstanden, aber nun ist Abenaa verschwunden und Ruby findet einen abgeschnittenen Daumen in ihrer Spülmaschine. Hat sie ihrer Nachbarin im Suff etwas angetan? Und warum muss sie in letzter Zeit so oft an Ron, denken, denn sie geliebt hat und der schon so lange nicht mehr bei ihr ist?
Irgendwann einmal, da schmeckte Rubys Leben nach Verrücktheit und Lachen. Damals war sie ganz furchtbar verliebt in Ronald und er war es, der der braven Abiturientin Melanie Dinstag den Namen Ruby Tuesday gab. Ruby und Ron, so sollte es sein. Freiheit statt Paderborn, weg mit den langweiligen Regeln und raus in die Welt. Aber das ist dreißig Jahre her und seither ist alles immer nur noch schlimmer geworden für Ruby. Ron ist fort, genauso wie ihre Träume und steht sie kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag und ein Klassentreffen kündigt sich an.
Autor T. S. Freytag geht mit "Ruby Tuesday" ungewöhnliche Wege. So beginnt er zum Beispiel mit dem Schluss. Der Leser weiß gleich zu Beginn, wie die Geschichte enden wird, die Frage ist hier, wie konnte es dazu kommen?
Einfach macht es Freytag dem Leser nicht, wenn dieser Ruby auf die Spur kommen will. Die Geschichte springt vor uns zurück, mal ist Ruby eine junge Frau kurz vor dem Abitur, dann wieder eine Alkoholikerin, die auf ihr gescheitertes Leben zurückblickt. Die unterschiedlichen Erzählebenen können durchaus auf einer Seite, ja sogar in einem Absatz stattfinden. Wirklich sympathisch ist Ruby dabei nicht. Als Jugendliche durchaus naiv und sehr unglücklich verliebt, macht sie den Eindruck, als würde sie aus purer Dummheit in ihr Unglück schlittern. Später dann ist sie so desillusioniert, dass selbst abgeschnittene Körperteile sie nur kurz aus ihrer alkoholbedingten Gleichgültigkeit reißen. Es sind die Jahre zwischen diesen beiden Zuständen, über die der Leser nach und nach mehr erfährt und die ein turbulentes Leben und die Schrecken, die Ruby widerfahren sind, enthüllen.
Ehe der Leser sich versieht, findet er sich in einer Geschichte über Piraterie, Menschenhandel und Gewalt wieder. Kein Wunder, dass die Vergangenheit Ruby nicht loslässt und damit sind nicht nur ihre Erinnerungen gemeint.
In der Gegenwart gibt es wider Erwarten noch Menschen, die ihr helfen wollen, allen voran ihr Jugendfreund Kalli, der sie damals liebte und der es nun kaum aushält, was aus ihr geworden ist. Er meint es gut, doch hat er keine Ahnung, worauf er sich einlässt.
Schon die erste Hälfte des Buchs ist durch die Zeitsprünge verwirrend, die schnell und willkürlich erfolgen. Später dann wechselt die Erzählperspektive dann auf Ron und jemanden, der sich "Der Marder" nennt. Das macht das Buch sperrig und zwingt den Leser, sich immer wieder umzustellen. Leicht lesbar geht anders, doch die ausgeklügelte Handlung macht dieses Manko wieder wett. Daher ist Freytags Roman keine Lektüre, für den entspannten Leseabend, sondern ein Thriller, der das Publikum fordert und dem Leser so manches Mal die Spucke verschlägt.