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Kurz vor seiner Hinrichtung berichtet der Verurteilte John Massina dem Polizisten Dave Robicheaux, der in New Orleans bei der Mordkommission arbeitet, dass auf diesen ein Anschlag vorgesehen sei. Scheinbar droht er mit seinen Nachforschungen zu dem Tod einer jungen Frau, die aus dem Bayou gefischt wurde, einigen Gangstern in die Quere zu kommen. Doch Robicheaux lässt sich nicht einschüchtern und ermittelt weiter. Dabei taucht er in die Tiefen der Unterwelt ein und riskiert mehr als einmal sein Leben. Begleitet wird er von seinem Kollegen Cletus Purcel, der jedoch mit seinen ganz eigenen Problemen zu kämpfen hat und dabei mehr und mehr zu einem zusätzlichen Risiko wird.
"Neonregen" ist der Auftakt zu der mittlerweile zwanzigteiligen Krimireihe um den Ermittler Dave Robicheaux. Band 1 erschien bereits Mitte der achtziger Jahre und war auch in deutscher Übersetzung erwerbbar, aber zwischenzeitlich vergriffen. Nun erscheinen die Bücher neu aufgelegt im Verlag Pendragon. Sein Alter ist dem vorliegenden Krimi jedoch nicht anzumerken. Zwei Romane um Robicheaux haben es sogar zu einer Verfilmung geschafft, einer davon unter dem Titel "Mississippi Delta – Im Sumpf der Rache“.
Wie fast alle anderen Hauptfiguren aus James Lee Burkes Romanen hat auch Dave Robicheaux einen ganzen Rucksack an Problemen mit sich rumzuschleppen. Der Cajun, der Mitte vierzig sein dürfte, ist ein trockener Alkoholiker. Immer wieder holen ihn traumatische Erinnerungen an seine Erlebnisse und die Gefangenschaft während des Vietnamkriegs ein. Während Robicheaux für das Gute kämpft, sind ihm auch unorthodoxe Mittel recht. Nicht selten überschreitet er die Grenzen des Rechts, wenn er versucht, seinem Ziel näher zu kommen und den Verbrechenssumpf Louisianas auszuheben.
Burke, selbst in Louisiana aufgewachsen und dort lebend, schildert das dortige Leben ohne eine rosarote Brille: Hinterwäldler, die in Baracken leben und ohne Aussicht auf Bildung und eine Zukunft zum Scheitern verurteilt sind, Drogenprobleme, Kriminalität, Rassismus oder dennoch eine bodenständige Lebensfreude. Jahrelang musste der Autor ebenfalls gegen seine eigene Alkoholkrankheit kämpfen. Dennoch schildert er den Absturz eines Alkoholikers fast emotionslos. Nahezu trocken beschreibt er den Drang nach der Lust, sich sinnlos zu betrinken und dabei alles andere zurückzustellen. Ähnlich schonungslos und vermutlich auch realistisch sind die Schilderungen der Unterwelt New Orleans. Die drastische und plastische Sprache ist dabei ganz dem Milieu angepasst. Um sein Ziel zu erreichen, kreuzt Robicheaux immer wieder die Wege örtlichen Unterweltbosse, nicht selten mit vorgehaltenen Waffen.
Eine politische Komponente darf in Burkes Romanen nie fehlen. In diesem Fall mischt auch die CIA fleißig mit, Hintergrund ist die Iran-Contra-Affäre. Im Rahmen dieser Affäre wurde in Nicaragua die rechtsgerichtete Bewegung der Contras finanziell von den USA gegen die sandinistische Regierung unterstützt. Der Drogenschmuggel der Contras in die Vereinigten Staaten wurde von der CIA geduldet, da mit diesen Verkäufen der Krieg gegen die linke Regierung unterstützt wurde. Nicht ganz zufällig kreuzen auch Robicheauxs Wege die des CIAs.
FAZIT: Der Kriminalfall lässt den Leser zwar nicht atemlos zurück, aber dank der authentischen Schilderungen des Milieus und der ambivalenten Hauptfigur ist dieser Roman dennoch enorm fesselnd. „Neonregen“ ist der Auftakt zu einer Krimireihe mit einem faszinierenden und facettenreichen Protagonisten, der einerseits für das Recht kämpft, andererseits aber keine Skrupel hat, auf seinem Weg dieses Recht durchaus zu beugen.