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"Mein Name ist Rebecca Winter. Ich wurde entführt." Nur zwei Sätze, aber sie werden das Leben vieler Menschen ändern, besonders das der Protagonistin. Vor ein paar Minuten noch war sie eine gewöhnliche Ladendiebin, die von der Polizei nicht besonders gut behandelt wurde. Doch kaum fällt Rebeccas Name, ist jeder in ihrer Umgebung wie elektrisiert, seien es Rebeccas Eltern, oder auch der Polizist, der seit zehn Jahren versucht, die junge Frau zu finden. Unglaublich, wie herzlich sie alle die vermeintlich verlorene Tochter wieder aufnehmen und keine Fragen stellen. Doch warum genau ist Rebecca damals eigentlich verschwunden? Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf und für die Protagonistin wird es gefährlich.
Wie konnte die Hauptfigur nur in diesen Schlamassel geraten? Sie ist nicht, wer sie zu sein scheint, das ist von Anfang an klar. Den Namen Rebecca Winter benutzt sie nur als Ausflucht, um nach einem Ladendiebstahl glimpflich davon zu kommen und als die Ereignisse dann ins Rollen kommen, kann sie es selbst kaum glauben. Urplötzlich ist von Verhaftung keine Rede mehr, stattdessen wird sie von der Familie eines verschwundenen Mädchens aufgenommen und umsorgt, die Polizei fasst die mit Samthandschuhen an und jeder begegnet ihr mit Fürsorge und Rücksichtnahme. So beschließt die Hauptfigur, das Spiel mitzumachen und macht es sich in Rebeccas Leben bequem. Doch irgendetwas stimmt nicht und sie beginnt sich zu fragen, was genau vor zehn Jahren eigentlich passiert ist.
Kann das wirklich klappen? Ist es möglich, dass jemand so einfach eine andere Identität annimmt? Schon von der ersten Seite an ist klar, dass hier jemand versucht, sich als eine andere Person auszugeben. Autorin Anna Snoekstra spielt diese Möglichkeit durch und streckenweise gelingt ihr das gut. So schafft es die Hauptfigur es, durch zynisches Spiel mit den Schuldgefühlen ihrer Umgebung immer wieder, ihren Willen durchzusetzen. Bei den Familienmitgliedern ist das glaubhaft, besonders die Mutter leidet darunter, Rebecca nie die Aufmerksamkeit gegeben zu haben, die diese brauchte. Schwierig wird es immer dann, wenn die Polizei oder andere offizielle Stellen involviert sind. Reichen ein paar Tränen und Schluchzer wirklich aus, um die Abnahme von Fingerabdrücken zu verhindern oder eine Entführung ohne jeglichen Plan zu erklären? Da macht es Frau Snoekstra sich zu einfach und an diesen Stellen wird die Handlung unglaubwürdig. Es ist kaum anzunehmen, dass sich der komplette Polizeiapparat von einer jungen Frau so an der Nase herumführen lässt. Wäre dies die ganze Geschichte, so müsste "Ihr letzter Sommer" wohl als gescheitert betrachtet werden. Doch da gibt es ja noch die echte Rebecca Winter, die vor zehn Jahren verschwand und die Autorin nimmt sich in jedem zweiten Kapitel des Mädchens an und schildert die Gründe ihres Verschwindens. So zieht sich die Schlinge immer mehr zusammen und der Leser muss um beide jungen Frauen bangen. Dabei ist keine der beiden übermäßig sympathisch und doch würde wohl niemand ihnen ein Schicksal wünschen, wie es ihnen droht.
Das Ende des Buchs gleicht dann eher einem Kehraus, als einem Showdown. Da wird nicht nur das Rätsel gelöst, sondern auch noch sämtliche Fragen erklärt und familiäre Probleme angegangen. Hier hätte es dann sogar noch ein bisschen mehr Ungewissheit sein können.
Eine Leseprobe findet sich auf der Verlagsseite.