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Als die Porters im Sommer 1942 wie jedes Jahr ihren Feriensitz in Ashaunt aufsuchen, ist nichts mehr wie zuvor. Militärfahrzeuge und Soldaten besiedeln die einst so idyllische Halbinsel an der Küste von Massachusetts. Viele ihrer Freunde sind gar nicht erst angereist, doch die Porters verbringen allen Veränderungen zum Trotz auch diesen Sommer in Ashaunt. Einzig Charlie, der älteste Sohn der Familie, fehlt - in einer Heeresfliegerschule in Texas bereitet er sich auf seinen Kriegseinsatz vor. Was für die Erwachsenen ein unmissverständliches Zeichen für die drohende Gefahr ist, erweist sich für die Kinder der Porters als ein aufregendes Abenteuer, allen voran die beiden Teenager Helen und Dossy, die von den jungen Soldaten angetan sind. Selbst Bea, das schottische Kindermädchen wird sich in diesem Sommer verlieben und für kurze Zeit ungeahnte Glücksgefühle entwickeln - bis zu dem Tag, an dem sie sich zwischen den Porters und der Aussicht auf ein neues Leben entscheiden muss.
Das Militär hatte die Straße befestigt. Es war das Erste, was Bea auffiel, als sie in jenem Sommer, in dem die meisten Familien wegblieben, mit den Porters zurückkehrte.
In ihrem Roman "Die Sommer der Porters" entfaltet die amerikanische Schriftstellerin Elizabeth Graver die über drei Generationen hinweglaufende Familiengeschichte der Porters. Im Mittelpunkt steht dabei der Feriensitz Ashaunt, an dem sich die Familie im Sommer 1942 trotz der Umfunktionierung des Ortes in einen Militärstützpunkt versammelt hat. Im Stile eines großen Gesellschaftsromans führt Graver so ihre Leser im ersten Teil nicht nur in die Geschichte der Familie ein, sondern entwirft ein atmosphärisch dichtes Zeitbild jenes Sommers zwischen angespannter Ruhe und geschäftiger Betriebsamkeit, Abenteuerlust und elterlicher Besorgnis. Mit schnell voranschreitenden Tagebucheinträgen - von 1947 bis 1961 - entwickelt sich die Geschichte im zweiten Teil weiter. Immer mehr wird dabei deutlich, dass - so verstreut die Familie auch sein mag - Ashaunt immer noch der gemeinsame Berührungspunkt ist. Und dennoch lässt sich die Zeit nicht mehr zurückdrehen - weder für die Porters noch für die Leser. So fehlt den inzwischen erwachsen gewordenen Kindern Helen und Dossy genauso die Leichtigkeit wie dem Roman, der immer mehr in psychologisierender Weise deren problembehaftete Gefühlslagen beschreibt. In gesteigerter Form tritt dies mit dem dritten Zeitabschnitt (1970) zutage. Gezeichnet von seinem Drogenkonsum zieht sich hier Helens Sohn auf dem Familiengrund in Ashaunt in eine Hütte zurück und versucht gedankenverloren sein Leben nach dem Abbruch seines Studiums in Ordnung zu bringen. Der Roman endet schließlich im Jahre 1999 mit einem tragischen Unglück.
An einen Ort zu kommen, der doch derselbe bleiben sollte, dort hinzukommen und ihn verändert vorzufinden.
Nicht nur zeitlich, sondern auch mit ihrem Figureninterieur spannt Graver einen großen Bogen, um die generationenübergreifende Familiengeschichte der Porters zu erzählen - die seltsame Entrücktheit zwischen Kinder und Eltern, die Generationenkonflikte oder auch die zerplatzten Träume einzelner Familienmitglieder. Die Charaktere sind hierzu dicht genug entworfen, um ins Innere der Figuren einzudringen - allerdings zu Lasten der Handlung. So mäandert Graver nach dem verheißungsvollen ersten Teil zunehmend ziellos durch die Zeit, flicht da und dort einen Rückblick oder eine Vorausschau ein, ohne dass der Leser das Gefühl hat, einem Erzählplan zu folgen. Geradezu typisch ist hier die Geschichte um das schottische Kindermädchen Bea, welche gerade im ersten Teil sehr präsent ist und als Hauptfigur wirkt. Auch wenn deren Geschichte nicht vollends aufgegeben wird, wirken die Perspektivenwechsel - Bea kehrt im Laufe des Romans in ihre schottische Heimat zurück - seltsam verloren.
FAZIT: Mit zunehmender Dauer lässt der Roman die epische Leichtigkeit vermissen. Was sich anfangs als klassischer Gesellschaftsroman anlässt, verliert sich zunehmend in einen psychologisierenden, ziellos mäandernden "Problemroman". Wie gut, dass zumindest der Sommersitz in Ashaunt der Geschichte als fester Ankerpunkt dient.
Weitere Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags.