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Es sind die kleinen Leute, denen Will Eisner in "Ein Vertrag mit Gott" ein Buch widmet, arme Einwanderer und eine kleine Gemeinschaft, wie er sie selbst erlebt hat. Siebzehn lose aneinandergereihte Geschichten, in denen das jüdische Leben Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in New York geschildert wird.
Will Eisner schafft eine liebevolle Hommage an seine Heimatstadt, lädt seinen Leser auf eine fiktive und dennoch persönliche Reise in die Vergangenheit ein.
Es steht ein Haus in der Dropsie Avenue in New York. Ein Mietshaus ist es, in dem die sogenannten kleinen Leute leben, mit ihrer Vergangenheit, ihren Träumen und ihren Enttäuschungen. "Ein Vertrag mit Gott" erzählt ihre Geschichten, von Autor Will Eisner liebevoll und eindringlich erzählt. Vom Leben der jüdischen Einwanderer Anfang des 19. Jahrhunderts handeln die lose miteinander verbundenen Geschichten, vom Alltag, den Zeichner Will Eisner nach seiner eigenen Immigration 1917 selber erlebt hat. Vielleicht gehen die Erzählungen deshalb so unter die Haut, weil es eben nicht um große Abenteuer geht, sondern um menschliche Gefühle und Tragödien, wie die eines frommen Mannes, der seine Tochter verliert und sich von Gott abwendet, oder die Geschichte eines Straßensängers, der von einer grandiosen Karriere träumt und doch am Suff scheitert. Dabei wirken die Figuren teilweise theatralisch, doch niemals unglaubhaft. Es ist nahezu unmöglich, sich ihrer Ausstrahlung zu entziehen und gewiss lassen sie niemanden gleichgültig.
In dem nun im Carlsen Verlag erschienenen Comic findet der Leser außer den vier ursprünglichen Geschichten noch die Erzählungen aus dem Graphic Novels "Lebenskraft" und "Dropsie Avenue", in der Eisner dieser Straße und den Menschen, welche sie prägten, mehr als einhundertfünfzig Seiten widmet - diesem Viertel der jüdischen Einwanderer in der Bronx, von 1870 bis zu dem Zeitpunkt, da neue Bevölkerungsschichten hinzuziehen und es die alte Gemeinschaft nicht mehr gibt.
Bereits 1978 erschien "Ein Vertrag mit Gott" zum ersten Mal und wurde seither in elf Sprachen übersetzt, wie Will Eisner in seinem Vorwort erwähnt. Ein solcher Erfolg war keineswegs sicher, schließlich handelt es sich hier um nichts weniger als die erste Graphic Novel und der Autor hätte mit seiner Idee auch spektakulär scheitern können. Stattdessen schuf er ein neues Genre und ein zeitloses Werk, das seine Leser heute noch genau so packt, wie vor fast dreißig Jahren. Eisner löste sich hier von der Idee, Geschichten als feste Comic Strips zu erzählen und gibt die Handlung über mehrere Seiten wieder, schwarz- weiß, die Bilder dicht aneinander gedrängt oder gleich ineinander übergreifend. Immer wieder gibt er der Story so eine andere Dynamik, nimmt zum Beispiel große Augenblicke heraus und gönnt ihnen eine ganze Seite. Es ist dem Buch anzumerken, dass sich der Autor hier keine Fesseln angelegt hat und es ihm ein Herzensprojekt war, die Zeichnungen genau so zu gestalten.
Sehr schön, dass der Carlsen Verlag dieses Werk nun neu auflegt und den Lesern nahebringt. Es wäre ein Jammer, stünde dieses kleine Juwel nicht mehr in den Buchregalen.
Weitere Informationen zur Graphic Novel finden sich auf der Seite des Carlsen Verlags