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 Die Chroniken der Anderwelten: Dämonentränen

Die Chroniken der Anderwelten 3


Cover
Gesamt +++++
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Mona ist eine sehr glückliche Frau. Gemeinsam mit Frank wohnt sie in einer kleinen Hamburger Sozialwohnung. Sie lieben sich und kommen bislang sehr gut miteinander aus. Frank ist sogar so großzügig, dass er ihre sonderlichen Angewohnheiten kommentarlos akzeptiert. Meist schläft Mona sehr lange und wacht erst auf, wenn Frank schon lange auf Arbeit ist. Dann jedoch packt sie ein wilder Heißhunger. Gierig stopft sie dann alles in sich hinein, doch das einzige, was sie wirklich sättigt, ist rohes Fleisch. Frank mag es nicht, wenn sie wie ein wildes Tier die einzelnen Brocken hinunterschlingt, weswegen sie sich in seiner Gegenwart zusammenreißt und zivilisiert benimmt. Natürlich weiß sie, dass sie ein absonderliches Verhalten an den Tag legt, doch solange sie und ihr Frank damit zufrieden sind, möchte sie nicht weiter darüber nachdenken. Erst nachts, wenn sie ihre Alpträume plagen und sie dann verwirrt hochschreckt, fragt sie sich, ob sie wirklich ein Mensch oder eher ein Monster ist.

Als eines Tages Unbekannte Mona verschleppen und in eine finstere Zelle sperren, weiß sie nicht, wie ihr geschieht. Sie ist verzweifelt und fragt sich, was diese Menschen von ihr wollen könnten. Besonders um Frank macht sie sich große Sorgen. Wenn diese Leute ihm etwas angetan haben, dann werden sie das bitter bereuen. Doch bald schon hat sie andere Sorgen. Ein Mädchen, Silvana, das für Claus von Obersdorf, Monas Entführer, arbeitet, enthüllt ihr, dass sie eigentlich kein Mensch ist. Stattdessen ist sie eine Anai-Niwith aus einer anderen Welt, die sich lediglich durch diese hübsche Menschenhülle tarnt. Sie ist scheinbar durch ein verborgenes Portal gekommen, das in diese Welt führt. Und genau den Standort dieses Portals möchte Claus von Obersdorf kennen. Es wäre seine Möglichkeit, wieder jünger zu werden, und für Silvana wäre es ein Weg nach Hause.

Doch Mona erinnert sich kaum mehr an früher. Einzig ihre Träume zeigen ihr eine Welt, in der sie etwas anderes ist. Dort ist sie ein fliegendes Monster, das sich von erlegtem Fleisch ernährt. Und auch wenn Mona sich verzweifelt gegen diesen Gedanken sträubt, spürt sie tief in sich, dass in ihr dieses Monster schlummert. Egal, wie lange sie schon in dieser Welt weilt, so wird sie niemals ein richtiger Mensch sein, denn tief im Unterbewusstsein lauern all die Missetaten, die sie bislang begangen hat. Um die Wünsche ihrer Entführer erfüllen zu können, muss sie eine erschreckende Reise in ihre eigene Vergangenheit antreten.

Die Anai-Niwith sind eine Rasse, die wir schon in den ersten beiden Teilen der "Chroniken der Anderwelten" kennen gelernt haben. Sie sind die geflügelten Monstren, die einen überfallen und töten, wenn man die geschützte Stadt Unterhessen verlässt. Die Wildnis ist ihr Revier, und jeder, der sich nach draußen wagt, wird zur Beute. Doch diesmal ist es anders herum. Eines der Monstren kam an die Oberwelt und hat sich, dank seiner Fähigkeit zur Tarnung, angepasst. Mona bekam einen Namen, eine Identität und lernte die Sprache der Menschen. Durch die pure Notwendigkeit, sich anzupassen, lernte sie rasch, was wichtig war, um nicht aufzufallen. Ihre ersten Erlebnisse sind von Schmerz und Hass geprägt. Erst als sie den Betreuer Frank kennen lernt, erfährt sie menschliche Zuneigung und beginnt sogar, diese zu erwidern.

Durch die Vorgehensweise des Autors, die Erlebnisse der Hauptfigur nicht chronologisch zu schildern, ergibt sich eine beklemmende Geschichte, die immer neue Facetten offenbart. Gemeinsam mit Mona entdeckt der Leser neue vergessene Aspekte ihrer Vergangenheit und erschreckt gemeinsam mit ihr darüber, welche Grausamkeiten dieses schöne rothaarige Wesen auf dem Gewissen hat. Sehr faszinierend ist, dass Mona nicht wie ein Mensch geschildert wird. Ihre Beweggründe, ihre Logik, soweit sie auch menschlich sein mögen, erinnern dennoch eher an die Überlebensstrategien eines wilden Tieres. Und gerade dadurch, dass immer wieder das Tier oder Monster in ihr herausbricht, wird diese Hauptfigur zu einem interessanten und zwiespältigen Charakter, dessen Erlebnisse den Leser fesseln und nicht mehr loslassen.

Die verschiedenen Zeitsprünge der Geschichte sind gut miteinander verknüpft, so dass man keine Schwierigkeiten hat, der Geschichte zu folgen. Viele Absätze sind zusätzlich datiert, um eine bessere Übersicht zuschaffen. Sehr amüsant ist es, dass man auf alte Bekannte der vorhergehenden Geschichten stößt. Die kleinen Andeutungen lassen den Schluss zu, dass auch deren Geschichte noch Überraschungen birgt. Doch im Großen und Ganzen ist dieser Roman eher düster und blutig gehalten. Ein monströses Wesen versucht, menschlich zu werden. Dabei sind Rückschläge mit einprogrammiert.

Leser, die die ersten beiden Bände gelesen haben, dürfen sich diesen dritten Band nicht entgehen lassen. Wie gewohnt wird man in eine faszinierende Welt geführt. Diesmal ist es aber keine unbekannte Welt, sondern unsere eigene Realität. Deren Fremdartigkeit resultiert diesmal daraus, dass wir sie durch die Augen einer Anai-Niwith betrachten. Ich persönlich halte die Chroniken der Anderwelten für eine ganz besondere Reihe, die auch im dritten Band nichts von ihrer Faszination verliert.

Daniela Hanisch



Taschenbuch | Erschienen: 01. Februar 2006 | ISBN: 3937419055 | Preis: 9,95 Euro | 388 Seiten | Sprache: Deutsch

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