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Eigentlich klingt der Fall vergleichsweise harmlos. Nicolas Eichborn und sein Team befassen sich mit einer Reihe von Überfällen auf Geldtransporter. Dann fällt ihnen eine Anomalie auf: Alle Überfälle wurden von Männern verübt, deren Frauen kurz vorher spurlos verschwanden. Während Eichborn dem Fall nachgeht, werden seine Ermittlungen scheinbar sabotiert, alles deutet darauf hin, dass das BKA dahinter steckt. Eichborn und sein Team finden heraus, dass es sich bei den Überfällen nur um ein kleines, aber lukratives Nebengeschäft handelt. Der eigentliche Fall, auf den alles hinausläuft, ist dagegen viel unfassbarer und menschenverachtender.
Dies ist der vierte Fall für Nicolas Eichborn und sein Team beim LKA und wie üblich geht es um abgründige Verbrechen, Intrigen sowie Verschwörungen, die bis ganz nach oben in die Machtzentralen, hier in der Politik reichen. Dies wird mit viel Tempo und ironischen Kommentierungen beschrieben, sodass der Leser gerne allen wilden Wendungen und Volten folgt.
Autor V. S. Gerling lockt den Leser zu Beginn auf eine vollkommen falsche Fährte. Sieht es anfangs nur nach einem skrupellosen Erpresser aus, der Ehemänner durch die Entführung ihrer Frauen zu Raubüberfällen zwingt, wendet sich bald das Blatt und es wird klar, dass es sich hier tatsächlich um ein Komplott weit größerer Ausmaße handelt, bei dem kaltblütig versucht wird, mit einem weltweiten Geschäft das große Geld zu machen. Da die Idee hierzu einen realen Hintergrund hat, wirken diese Taten noch erschütternder auf den Leser.
Der Thriller lebt neben der Handlung zu einem großen Teil durch die Figuren. Ganz vorne dabei sind Nicolas Eichborn sowie seine Lebensgefährten Helen Wagner. Hinzu kommen Gegenspieler, die mal mehr oder weniger sympathische Psychopathen sind, was den besonderen Reiz ausmacht.
Nicolas Eichborn selbst hat sich im Vergleich zu den vorherigen Büchern nicht verändert, auch wenn er mittlerweile Karriere gemacht, er ist der gleiche sarkastische Ermittler, der gerne mit ironischem Humor kommentiert, sich ungern seinen Vorgesetzten unterordnet, und dafür um so lieber auf eigene Faust ermittelt. Dass er dabei aneckt und auch Feinde hat, ist natürlich nicht verwunderlich. Demzufolge ist dann auch der Schritt, den er am Ende geht, logisch und nachvollziehbar. Trotzdem sind weitere spannende Folgen der Reihe zu erwarten, Band fünf ist bereits fertiggestellt.
Um der Handlung folgen zu können, ist es nicht erforderlich, die drei vorherigen Thriller der Reihe zu kennen. Wer der vorherigen Bücher aber kennt, wird einen alten Bekannten wiedertreffen. Fjodor Semjonow, ein ehemaliger Gegenspieler, sitzt mittlerweile im Gefängnis. Obwohl er versucht hatte, Eichborn umzubringen, entwickelt sich hier fast so etwas wie eine Freundschaft und Semjonow ist für die eine oder andere Überraschung gut.
Wie üblich wird die Handlung in vielen kurzen Kapiteln erzählt, wobei der Großteil aus der Sicht des Ich-Erzählers Nicolas Eichborn erfolgt. Hier kommen dann auch seine bissigen Kommentare und seine Vorliebe für unkonventionelle Ermittlungen voll zur Geltung.
Fazit: "Die Farm" ist ein fesselnder und turbulenter Thriller mit überraschenden Wendungen und Tätern, die an Kaltblütigkeit kaum zu überbieten sind. Nicolas Eichborn ermittelt wieder gewohnt eigenwillig und kommentiert die Ereignisse mit der ihm typischen Ironie.