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Etliche Wochen sind vergangen, seit Tomeija und Liothan in der Wüstenmetropole Wedora zu Helden wurden. Auf magischem Weg dort gestrandet, versuchten sie anfangs nur einen Weg nach Hause in die Baronie Walfor zu finden, gerieten dabei jedoch ins Zentrum einer Verschwörung und retteten schließlich den Daremo, den geheimnisumwitterten Herrscher der Stadt mitten im Sand. Und sie wurden reich entlohnt. So bewohnen die beiden nun ein beachtliches Anwesen im Viertel der Reichen, wo Liothan sich den magischen Studien widmet, um die außergewöhnlichen Kräfte, die in ihm schlummern, nutzbar zu machen. Tomeija hat unterdessen zum Glauben gefunden und ist auf dem Weg zur Hohepriesterin des Todesgottes Driochor. Doch weder der eine noch die andere kann den alten Angewohnheiten entfliehen. Gelangweilt von den Büchern, beginnt Liothan mit Erkundungen und die Dinge, die er dabei enthüllt, führen ihn erneut zu einem Leben fernab der Gesetze. Die ehemalige Scirgerefa Tomeija dagegen wird von der Hand des Daremo gebeten, auch in Wedora für Recht und Ordnung zu sorgen: Sie soll eine geheime Einheit bilden, die im Verborgenen die Diebesbanden der Stadt vernichtet. Jene Diebesbanden, die Liothan sich gerade untertan macht. Und so stehen die Freunde aus Kindertagen erneut auf unterschiedlichen Seiten, kämpfen gegen-, aber auch miteinander. Denn nicht nur im Inneren ist Wedora in Aufruhr, zwei der benachbarten Königreiche rüsten zum Kampf. Kann das ungewöhnliche Freundespaar erneut entscheidend in die Geschicke der unwirtlichen Wüste eingreifen und die prächtige Stadt Wedora vor dem Untergang retten?
Markus Heitz gehört zu den bekanntestenn deutschen Fantasieautoren. Mit "Wedora – Schatten und Tod" erschien 2017 der zweite und letzte Teil seiner Wüstenreihe "Die Sandmeer-Chroniken". Ebenso wie im
ersten Band teilt sich auch hier die Geschichte in zwei große Handlungsstränge. Einerseits verfolgt der Leser die beiden Figuren Tomeija und Liothan, die in Band eins auf magische Weise in der Wüstenmetropole Wedora gestrandet sind. Während ihr Bestreben zunächst der Heimkehr galt, haben sie mittlerweile ihr Leben in der Fremde angenommen, und nach und nach finden sie ihren Platz in der vielschichtigen Gesellschaft der Handelsstadt. Dabei wird die ursprüngliche Spannung zwischen den beiden Charakteren, die einerseits seit ihrer Kindheit befreundet sind, andererseits unterschiedlichen Moralvorstellungen folgen und auf verschiedenen Seiten des Gesetzes stehen, auch in ihrer jetzigen Heimat erneut aufgebaut. Tomeija wird auch hier zur Gesetzeshüterin, wenn auch im Verborgenen, und Liothan begibt sich erneut auf Abwege und schließt sich letztlich der Unterwelt an. Während in Band eins das erzählerische Potential der Charaktere und ihrer Beziehung zueinander durch den dauerhaften Wunsch nach Heimkehr blockiert waren, kann es sich nun, da beide Charaktere angekommen sind, frei entfalten. Markus Heitz schafft es damit, die sehr gelungenen Anlagen und Ideen seiner Geschichte, die im ersten Band noch eingeengt schienen, zu vollem Glanz zu bringen: zwei spannende Figuren, die in ihrem Umgang miteinander Fragen der Moral und der Freundschaft thematisieren. Von denen jede aber auch für sich eine fesselnde Entwicklung durchlebt.
Doch sind nicht nur die Protagonisten interessant, sie sind ebenso in eine vielfältige und gut erzählte Geschichte eingebunden. Die Verwicklungen und Intrigen in und um Wedora bringen neue spannende Fraktionen auf den Plan und geben alten Widersachern mehr Raum und mehr Tiefe. So lernt der Leser mehr über den geheimnisvollen Daremo, die Geister der Wüste und – besonders gut gelungen – die gefürchteten T’Kashra. Die im ersten Band noch etwas farblosen Antagonisten bekommen ein Gesicht und der Leser möchte letztlich immer mehr erfahren und immer tiefer eintauchen in die faszinierende Welt, die Heitz in der Wüste schafft.
Dem gegenüber steht der zweite Handlungsstrang in Heimatland der Protagonisten, dem ehemals bewaldeten Walfor, und den angrenzenden Reichen. Da im ersten Band noch unklar war, ob es eine Fortsetzung geben würde, erschien die gesamte Erzählung in dieser parallelen Welt, dort noch rein den effekthascherischen Gewaltexzessen geschuldet. Nun, da Heitz die Geschichte fortführt, entspinnt sich auch hier eine packende Erzählung, die weiterhin auf eine Anbindung an den Hauptplot in Wedora hoffen lässt. Heitz schafft es dabei, auch in diesem Erzählstrang spannende neue Figuren einzuführen und sie diesmal etwas länger zu behalten, so dass der Leser eine Verbindung aufbauen kann. Neben dem wagemutigen Arturias, König von Telonia, tritt hier besonders die eigensinnige Magierin Atha in den Vordergrund; beides Figuren, die nicht nur durch ihre eigene Agenda Interesse erzeugen, sondern auch nebenbei die gesellschaftliche Ordnung ihres Umfelds thematisieren und so ein breiteres Licht auf den Hintergrund der Geschichte werfen. Wie auch in Wedora gibt diese erzählerische Tiefe dem Roman einen deutlichen Schub, denn die ideenreiche und faszinierende Welt, die Heitz hier geschaffen hat, ist eindeutig das Juwel im Kern der Erzählung.
Leider jedoch bleibt auch im zweiten Band die Verflechtung der Geschichten sehr dürftig und das Ende ist erneut etwas enttäuschend. Zwei hervorragende Handlungsstränge mit gewaltigem Ideenreichtum, laufen letztlich recht unkreativ und unmotiviert wieder kurz zusammen. Es scheint, als habe Heitz sich im zweiten Handlungsstrang verlaufen und brauche einen Deus ex machina, um ihn zu lösen.
Zusammengenommen ist "Wedora – Schatten und Tod" eine spannende Fortsetzung, die den ersten Band noch übertrifft. Die Geschichte wirkt ausgewogener, sie wird mit mehr Bedacht erzählt, und ie Charaktere und die faszinierende Welt, die Heitz als Hintergrund geschaffen hat, können nun endlich erblühen. Leider ist dies auch der letzte Band, und wie schon bei seinem Vorgänger vermag das Ende den hohen Standard an Erzählfinesse, Ideenreichtum und Spannung der vorhergehenden mehr als 600 Seiten nicht halten. Trotzdem ist der Roman äußerst lesenswert.
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