Über 130 Jahre ist es her, dass eine couragierte Frau ihre beiden Söhne auf den Patent-Motorwagen ihres Mannes Carl Benz setzte und ohne dessen Wissen damit eine Fahrt von Mannheim nach Pforzheim unternahm - die weltweit erste längere Fahrt mit einem Automobil. Nicht aus Spaß, sondern weil die wirtschaftliche Situation der Familie eine Vermarktung der Erfindung ihres tüftelnden Ehemannes notwendig machte. Bertha Benz bewies mit ihrem zweitägigen "Ausflug" öffentlich das Potenzial dieses Fahrzeugs und setzte einen Meilenstein der Technikgeschichte.

In "Auto Modell Geschichte" handelt ein treffend mit "Frau am Steuer" betiteltes Kapitel von Bertha Benz' mutigem Unternehmen. Außer ihr treten weitere für die Entwicklung des Autos maßgebliche Persönlichkeiten unterschiedlichen Bekanntheitsgrades aus diversen Jahrhunderten in Erscheinung, vor allem jedoch sehr viele Automodelle.

Überwiegend bestehen die Kapitel aus je einer Doppelseite mit dem Text links und einem ganzseitigen Foto rechts. Bei den abgebildeten Fahrzeugen handelt es sich im Wortsinn um Modelle, nämlich Miniaturen im Maßstab 1:43, die der Fotograf Jörg Walz, aus diversen Autozeitschriften bekannt, vor "echten" Hintergründen fotografiert hat: mit dem Smartphone aus bodennahen Positionen heraus. Als Kulisse dienen urbane Hintergründe, darunter auch so bekannte Orte und Architekturdenkmäler wie die Brooklyn Bridge, das Atomium, das BMW-Hochhaus in München, Erlangen, Maskat im Oman und der Gardasee; ebenso unter anderem ein Flughafen und unterschiedlichste Landschaften. Zwei einleitende Kapitel und eine Info über den Autor und Fotografen einschließlich eines "Making-of"-Fotos umrahmen den Hauptteil.

Es begann mit Beiträgen auf Instagram, eine Ausstellung folgte; nun wurde ein Buch daraus. Jörg Walz, erfolgreicher (Motor-) Journalist und PR-Mann, zeigt anhand einer Fülle von kurzen, bebilderten Texten zu jeweils einem speziellen Thema, wie das Automobil die Welt eroberte - und so manches Modell viele Menschenherzen.

Dazu passt natürlich die Verwendung von Modellautos als Motive vor einem geeigneten Hintergrund. Eine Miniatur von Leonardo da Vincis Automobile, platziert vor einem alten Gebäude in der Emilia Romagna, macht den Anfang. Es schließen sich Pioniere wie Nicholas Cugnot, Camille Jenatzy und Friedrich Lutzmann an, von denen vermutlich nicht jeder Leser bereits gehört hat, Henry Ford, Ferdinand Porsche und viele andere, auch aus dem Bereich des Designs. Legendäre Modelle, die Autorennen-Geschichte schrieben, und die dazugehörigen Geschichten sind ebenso Teil des Buchs wie Konzepte, etwa die keineswegs neue Elektromobilität oder der Wankel-Motor, Erzählungen rund um den Aufstieg und Fall von Unternehmen, Bauformen und Modellen mit Kultstatus wie Karmann, der Fastback oder der Citroën DS. Grob orientiert sich das Buch an der Chronologie, viele Kapitel befassen sich freilich mit Jahre oder Jahrzehnte umfassenden Prozessen.

Walz als Autor versteht es meisterlich, eine Fülle an Informationen anschaulich und kurzweilig zu vermitteln. Neben den Autos stehen immer auch biografische Einsprengsel, die eine angenehm menschliche Komponente einbringen und etwas von der Begeisterung spüren lassen, die ein wichtiger Teil der Motivation bei der Entwicklung immer neuer Modelle war.
Vielleicht noch mehr Respekt nötigen die Fotos ab. Walz hat auf Reisen in der ganzen Welt immer das ein oder andere Automodell in der Hosentasche, um es, sollte sich eine ideale Kombination aus Ort, Zeit und Licht ergeben, vor einem realen Hintergrund fotografisch in Szene zu setzen, und zaubert dann mit dem Handy Aufnahmen, die erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennen lassen, dass es sich um Modelle handelt. Das Geschick und die Kreativität des Fotografen verbinden sich ideal mit dem Gefühl des Autoliebhabers für die einzelnen Modelle und ihre jeweils ideale Inszenierung. Massenhaft hergestellte Modelle wie der Golf, der Wartburg, der Audi 80 oder natürlich der VW Käfer erhalten bei Walz denselben Aufwand wie edle Aston Martins, große Mercedes, sportlich-elitäre "Italiener", Rolls, Bentleys und andere Nobelmarken. Erstaunlich ist die schier unerschöpfliche Fülle an Modellen, die Walz hat Modell stehen lassen.

Alles in allem bereitet das Lesen und Betrachten des Buchs viel Vergnügen und Kurzweile, und nebenher lässt sich noch allerlei Wissenswertes erfahren. Ob als Geschenk oder als eigene Lektüre: ein außergewöhnlicher Genuss für alle, die Autos mögen!

Weitere Informationen werden auf der Verlagsseite angeboten.

Ebenfalls bei Delius Klasing erschienen ist "Lieblingsautos - Die schönsten Modelle aus der Spielzeugkiste". Auch dieses Buch befasst sich mit Auto- beziehungsweise Kraftfahrzeugmodellen, wenngleich überwiegend aus einem anderen Blickwinkel heraus.