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Nervenkrankheiten sind ein Signum unserer Zeit. Waren Krankheiten in früheren Zeiten fast ausschließlich körperlicher Art, etwa durch zu harte Arbeit oder durch wenig bekannte Krankheitserreger, nehmen Erkrankungen der Nerven und des Gehirns, die stark mit psychischen Belastungen und Störungen einhergehen, immer weiter zu. Stress und Überforderungen im Alltag haben so unser Nervensystem auch in den Mittelpunkt medizinischer Forschung treten lassen.
In dem populärwissenschaftlichen Büchlein "Reine Nervensache" von Prof. Dr. Armin Grau wird der Forschungsstand zu diesem Thema auf gut 330 Seiten zusammengefasst. Anhand von Alltagsbeispielen und auch einigen Zeichnungen will der Autor allgemeinverständlich die komplexen Zusammenhänge von Nervenkrankheiten darstellen. Ergänzt wird der Text durch ein kleines Literaturverzeichnis.
"Reine Nervensache" ist ein durchaus gelungener Versuch ein komplexes und schwieriges Thema allgemeinverständlich darzustellen. Der Autor schreibt viel und intensiv vom Krankenhausalltag, aber erklärt mit genauso viel Eifer den Stand der wissenschaftlichen Forschung.
So ist ein lesenswertes und dabei kurzweiliges Buch entstanden. Und das war nicht einfach, geht Armin Grau doch in den elf Kapiteln auf eine Vielzahl von Krankheitsbildern ein und muss für das Verständnis jeder davon, die bekannten Zusammenhänge im Gehirn und im Nervensystem erklären. Dabei geht es nicht selten sowohl um körperliche als auch psychologische Phänomene und deren Zusammenspiel. Daher ist das Buch mit seinen zahlreichen Schaubildern ebenfalls eine kleine Einführung in die Neurologie und ein bisschen in die Psychologie.
Die meisten Abschnitte des Buches funktionieren in etwa so, dass der Autor klinische Beispiele von Patienten gibt, um spezielle Funktionsweisen des Gehirns oder Nerven oder eben ein Krankheitsbild ganz praktisch zu vermitteln, bevor er in die wissenschaftliche Beschreibung geht. Der Schreibstil ist dabei bemüht verständlich und auch mit Anekdoten und Ähnlichem aufgelockert. So ist der Text durchgehend ohne fundiertes Vorwissen zu verstehen und die Lektüre nicht ermüdend.
Erschwerend für dieses Buch kommt hinzu, dass es noch eine Menge Fragezeichen gibt. So ist bis heute nicht geklärt, wie das Gehirn eigentlich Bewusstsein und Verstand produziert, also wie unser "Ich" in diesem Apparat entsteht. Daher sind folglich auch die Ursachen vieler Krankheitsbilder noch ganz oder teilweise unbekannt. So etwa bei der Multiplen Sklerose. Es gibt zahlreiche Theorien und es ist nicht mal geklärt, ob diese Bezeichnung nicht eher ein Sammelbegriff für mehrere verschiedene Krankheiten ist. Insbesondere das komplexe Zusammenspiel zwischen Körper und Geist ist oft noch undurchschaubar und basiert häufig mehr auf Hypothesen als auf gesichertem Wissen. Auf diese Wissenslücken weist der Autor auch immer wieder hin, sodass dem Leser deutlich wird, wie viel noch geforscht werden muss und wie schwer so manche Krankheit für die Betroffenen sein muss angesichts der häufig noch schlechten Therapie-Möglichkeiten.
Insgesamt ist ein verständliches und lesenswertes Buch entstanden, das allen empfohlen sei, die sich mit neurologischen Erkrankungen und der Funktionsweise von Gehirn und Nervensystem befassen wollen.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.