Ein Landstreicher kommt in eine norwegische Stadt. Eric, so wird der Zuschauer bald erfahren, ist ein amerikanischer Tourist, der seit drei Jahren in den Wäldern von Norwegen lebt, seit er einen Brand auf einem Bauernhof überstand. Er meidet die Menschen und ist offensichtlich verletzt. Als ein paar Teenager sich einen Spaß daraus machen, ihm zu folgen, kommt einer von ihnen ums Leben. Eric wird verhaftet und weigert sich, mit irgendjemandem zu sprechen. Nur die Psychologin Christine dringt zu ihm durch. Sie wird schnell feststellen, dass Eric über eine seltsame Macht verfügt, die er nicht immer unter Kontrolle hat.
Norwegische Filme haben ja ihr eigenes Tempe. Das ist bei den Krimis so und auch in diesem Fantasyfilm lässt Regisseur André Øvredal sich nicht hetzen. Erst mal nimmt er sich die Zeit, den Zuschauer auf Erics Situation und seinen Zustand aufmerksam zu machen und die sind beide besorgniserregend. Ein Mann, der Blitze schleudern kann, da ist in Norwegen der Gedanke an Thor nicht weit und in der Tat kommt schnell der Verdacht auf, Eric könnte etwas mit dem Gott des Donners zu tun haben. Wie ein Superheld wirkt der junge Mann aber nicht. Schwere Verbrennungen zeichnen seinen Körper und seine Angst, ja geradezu Panik vor den Dingen, die ihm passieren, sorgt dafür, dass er sich von anderen Menschen fernhält, am besten in den tiefen norwegischen Wäldern. Dem entspricht auch die Bildsprache des Films, dessen Farben immer leicht grau-depressiv wirken. Hier gibt es nichts zu feiern, hier hat jemand ein ernsthaftes Problem. Auch Christine, die junge Psychologin, die sich um Eric kümmern soll, hat ihre eigenen Schwierigkeiten und lässt schnell die professionelle Distanz vermissen, die sie zu ihrem Patienten eigentlich haben sollte. In ihrem Wunsch, ihm beizustehen, wird sie bald die einzige Person, der er vertrauen kann, und damit bringt sie sich und ihn in Gefahr, denn seine Gabe bleibt nicht lange verborgen. Und was passiert, wenn in unserer modernen Welt ein Gott erscheint? Das ist die eigentliche Frage des Films. Dass es natürlich immer wieder Hinweise auf die nordische Mythologie gibt und sich damit die Handlung des Films langsam aufbaut, ist hier fast schon eine Selbstverständlichkeit. Jedoch, die Frage, wie sich Menschen verhalten, wenn sie, je nach Blickwinkel, mit einem Monster oder einem Heilsbringer konfrontiert werden, nimmt einen großen Raum in diesem Film ein, gibt ihm einen spannenden Twist und damit weicht "Mortal – Mut ist unsterblich" deutlich von den amerikanischen Superheldenfilmen ab. Wer auf der Suche nach einem weiteren Actionspektakel ist, wird hier daher nicht glücklich. Wer dagegen eine gut erdachte Geschichte mit recht langsamem und bedachtem Erzähltempo bevorzugt, der wird diesen Film als wohltuende Alternative empfinden. Zwar wird er nicht gleich philosophisch, doch vielschichtiger als die üblichen Kinokracher ist er allemal. Dabei bleibt es immer der Interpretation des Zuschauers überlassen, welchen Blick auf einen möglichen Gott er werfen will. Ist Eric nun eine Gefahr für die Menschheit - oder der Vorbote einer neuen Welt? „Mortal“ wird diese Frage nicht abschließend für ihn beantworten und vielleicht ist daher sogar noch eine Fortsetzung für die Geschichte möglich.