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South Carolina in den 1960er Jahren: Die 14-jährige Lily Owens führt ein unglückliches Leben. Zusammen mit ihrem jähzornigen und kalten Vater T. Ray, dem gegenüber sie das Wort "Dad" nicht über die Lippen bringt, lebt sie auf einer Pfirsichplantage im kleinen Städtchen Sylvan. Das kluge Mädchen ist in der Schule eine Außenseiterin, die stupide Arbeit am Pfirsichstand ihres Vaters hasst sie inbrünstig. Ihre Mutter Deborah kam bei einem tragischen Unfall ums Leben, als Lily vier Jahre alt war, und das Mädchen vermisst sie schmerzlich. Über den Tod seiner Frau ist T. Ray verbittert, und mit Hilfe grausamer Strafen führt er sich als Despot und Tyrann im Haus auf. Lily hat ein besonderes Verhältnis zu Bienen, und oft liegt sie nachts wach und lauscht den Geräuschen, die die Bienen hinter der Wandverkleidung ihres Zimmers machen. Eines Nachts schwärmen die Tiere sogar in ihr Zimmer, doch als Lily T. Ray das Wunder zeigen will, sind die kleinen Insekten plötzlich spurlos verschwunden.
Ein Lichtblick in Lilys tristem Leben ist Rosaleen, die schwarze, äußerst beleibte Haushälterin, die nach dem Tod von Deborah Owens Lilys Kindermädchen wurde. An einem heißen Nachmittag nimmt Lilys Leben einen für sie völlig unerwarteten Lauf: Gemeinsam mit Rosaleen geht sie in die Stadt, denn Rosaleen will sich ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Es ist die Zeit des Umbruchs in Amerikas Südstaaten, doch was Martin Luther King und die Bürgerrechtsgesetze verkünden, hat sich in den Köpfen noch lange nicht festgesetzt. Auf dem Weg in die Stadt kommt es zum Eklat, als Rosaleen von vier weißen Männern beschimpft wird und sie sie daraufhin mit Tabaksaft bespuckt. Rosaleen und Lily werden verhaftet. Während T. Ray, rasend vor Wut, Lily aus dem Gefängnis holen kann, muss Rosaleen dort bleiben und wird von den Männern, die stadtbekannte Rassisten sind, zusammen geschlagen. Nach einem heftigen Streit mit T. Ray hat Lily eine Art Eingebung, als ihr eine Stimme sagt: "Lily Melissa Owens, auch du hast Flügel". Die Vierzehnjährige beschließt, von Zuhause wegzulaufen. Das Ziel heißt Tiburon, ein kleiner Ort in South Carolina, in dem Lily hofft, Spuren ihrer toten Mutter zu finden. Mit einem cleveren Plan befreit sie Rosaleen aus dem Gefängnis und beide gelangen tatsächlich glücklich nach Tiburon. Dort werden sie von den drei geheimnisvollen Bienenzüchterinnen May, June und Auguste aufgenommen. Im flamingo-farbenen Haus der drei Schwestern lernt Lily weit mehr, als Honig zu machen
Mit "Die Bienenhüterin" ist der Autorin Sue Monk Kidd eine wunderbare Erzählung gelungen, die Romanen mit vergleichbarem Hintergrund - etwa "Verrückt in Alabama" oder "Grüne Tomaten" - in nichts nachsteht. Der Debüt-Roman der Autorin - vorher machte sie sich einen Namen durch das Verfassen von Biografien - wurde in den USA lange Zeit als Geheimtipp gehandelt, bevor er verdientermaßen zum Bestseller avancierte. Sehr plastisch und mit leisem Witz schildert die Autorin aus Lilys Sicht die Kleinstadt Sylvan, so dass man wirklich glaubt, die drückende Hitze zu spüren, den betäubenden Duft der Pfirsiche zu riechen und das tiefe Summen der Bienen zu hören. Im Verlag Steinbach Sprechende Bücher ist "Die Bienenhüterin" als sehr gelungenes Hörbuch erschienen. Die autorisierte Lesefassung umfasst acht CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 594 Minuten.
Kidd zeichnet in diesem Roman nicht nur ein Sittengemälde von Amerikas Südstaaten in den 1960er Jahren, sie schreibt vor allem über das große Thema des Heranwachsens, über das Finden von Wahrheit, über Enttäuschungen und Hoffnungen. Die den Südstaaten eigene Atmosphäre, die kraftvolle, lebensnahe Erzählweise und die leicht märchenhaften Elemente - zum Beispiel das Haus der Schwestern, die alle Namen von Monaten tragen - machen diese Geschichte zu einem bezaubernden Erlebnis. Gelesen wird der Roman von Andrea Hörnke-Trieß, die mit großer Ruhe und vielen Stimmvariationen spricht. Der Roman besitzt eine starke Anziehungskraft, eine große Wärme und Herzensgüte und durchaus auch traurige, emotionale und mystisch anmutende Szenen, die den Zuhörer sehr berühren, und die von der Sprecherin sehr gut vermittelt werden.
Fazit: Eine Geschichte wie Honig - zauberhaft, bitter-süß, spannend und gleichzeitig beruhigend, aber niemals klebrig. Ein Buch oder Hörbuch für einen heißen Sommer und für tröstliche Stunden. Die Bezeichnung "Coming of Age", die im Englischen Plots bezeichnet, in denen es grob gesagt ums Erwachsenwerden geht, hat im Deutschen keine genaue Entsprechung. Wer also eben solche "Coming of Age"-Geschichten schätzt, eingebettet in die politisch unruhige Kulisse der 60er Jahre in den USA, der liegt mit diesem Hörbuch genau richtig! Garantiert eine der besten Hörbuch-Erscheinungen im Jahr 2006.