Nachdem im Herbst 2005 die Hörspieladaption des ersten Bandes um den jugendlichen Überländer Gregor, "Gregor und die graue Prophezeiung", erschienen ist, lässt der Verlag Oetinger Audio mit "Gregor und der Schlüssel zur Macht" nun, im Februar 2006, den zweiten Teil der Reihe folgen - ebenfalls als leicht gekürzte szenische Lesung.

Einige Monate sind mittlerweile vergangen, seit Gregor und dessen zweijährige Schwester Boots aus Unterland zurückgekehrt sind, einer Welt unterhalb New Yorks, die von Menschen - den "Unterländern" -, riesigen Fledermäusen, riesigen Kakerlaken, riesigen Ratten und allerlei anderen übergroßen Tieren bevölkert wird. Obwohl sich Gregors Vater immer noch nicht ganz von den Qualen erholt hat, die ihm als Gefangener der Ratten zugefügt worden waren, freuen sich Gregor und seine Familie bereits auf das bevorstehende Weihnachtsfest. Doch dann ereignen sich unvorhergesehene Ereignisse und die Vergangenheit beginnt, Gregor wieder einzuholen: Als er mit seiner Schwester im verschneiten Park spielt, ist Gregor nur einen kurzen Augenblick unaufmerksam - ein kurzer Augenblick jedoch, der ausreicht, Boots zu verschleppen. Alles deutet darauf hin, dass die Kakerlaken, die Boots wie eine Göttin verehren, sie zurück nach Unterland gebracht haben. Gregor überlegt nicht lange: Entschlossen folgt er seiner Schwester hinab in die Gewölbe und Tunnel Unterlands. Dort erwarten ihn nicht nur die Unterländer bereits, sondern auch seine kleine Schwester - und die Erklärung, warum diese sie entführt haben. Eine neue Prophezeiung sei dabei, in Erfüllung zu gehen. Eine Prophezeiung, die besagt, dass die Ratten versuchen würden, Boots zu töten, um so Gregor selbst zu brechen. Allein um dies zu verhindern, entscheidet sich Gregor dazu, noch einmal einer Prophezeiung der Unterländer zu folgen - und macht sich auf den Weg, den "Fluch", eine furchteinflößende, angeblich zwei Meter große weiße Ratte, zu finden und zu töten ...

Wirkte während des ersten Teiles um Gregor den Überländer die Idee, übergroße Kakerlaken zu handlungstragenden Charakteren zu entwickeln, noch sehr bizarr und unvorstellbar, so zeigt sich diese Idee schon zu Beginn von "Gregor und der Schlüssel zur Macht" nicht mehr ganz so fremdartig. Dies liegt vermutlich mitunter daran, dass die Kakerlaken hier stets eine untergeordnetere Rolle spielen - im Handlungsmittelpunkt stehen Gregor und dessen Schwester sowie die Unterländer, Ratten und Fledermäuse. Von Anfang an kann sich der Hörer in die verschiedenen Charaktere hineinversetzen, kann die meisten ihrer Entschlüsse - seien sie rational oder emotional - nachvollziehen und so gespannt der Entwicklung der Erzählung folgen.
Die Handlung an sich wartet zudem mit einigen überraschenden Wendungen auf, die dafür sorgen, dass "Gregor und der Schlüssel zur Macht" kaum einmal vorhersehbar ist, sondern nahezu den gesamten Handlungsverlauf über spannend und undurchschaubar bleibt. Gleichzeitig zeigt sich die vorliegende Erzählung in seinem Ablauf keinesfalls als Wiederholung oder Kopie der Geschehnisse des ersten Teiles. Statt dessen präsentiert Suzanne Collins zahlreiche neue Einfälle und Ideen, die sie unterhaltsam zu einem geradlinigen Handlungsgefüge verbindet.
Die Sprecher leisten den Rest. Professionell und überzeugend führen sie ihren Hörer durch Gregors neuestes Abenteuer, hauchen den Charakteren und Figuren akustisch Leben ein. Besonders Matthias Haase als Erzähler, Tobias Klausmann als Gregor, Jürg Löw als Ratte Ripred, Ernst-August Schepmann als Vikus und Thomas Balou Martin als Mareth stechen hierbei durch die Interpretationen ihrer Rollen positiv hervor. Ungeschlagener Liebling ist und bleibt jedoch die kleine Boots, gesprochen von Cara Hegeler, die den Hörer mit ihren Kommentaren in Babysprache ein ums andere Mal zum Lachen bringt.

Fazit:
"Gregor und der Schlüssel zur Macht" erscheint schlüssiger als der erste Teil um Gregor und dessen Schwester Boots und wirkt auch nicht mehr so fremdartig wie es dieser getan hat. Überraschende Wendungen und glaubhafte Charaktere, die durch professionelle Sprecher überzeugend zum Leben erweckt werden, lassen die Hörspielproduktion zu einem vergnüglichen Abenteuer vor allem für junge Hörer werden.