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 Extrem laut und unglaublich nah

Autoren: Jonathan Safran Foer
Sprecher: Alexander Khuon
Übersetzer: Henning Ahrens
Verlag: Argon

Cover
Gesamt +++++
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Oskar Schell ist acht Jahre alt, Physiker, Pazifist und unglaublich klug für sein Alter. Wenn er nicht gerade Tamburin spielt, Schmuck entwirft, Französisch spricht oder Briefe an Stephen Hawking und Ringo Starr schreibt, stellt er Fragen und denkt sich fantastische Erfindungen aus. Am "allerschlimmsten Tag", dem 11. September 2001, gerät Oskars Leben durcheinander, als sein Vater bei den Anschlägen auf das World Trade Center ums Leben kommt.

Seitdem hat Oskar nicht nur "superschwere Bleifüße" - so beschreibt er seine grenzenlose Traurigkeit - sondern er ärgert sich auch, weil er das letzte Rätsel, das sein Vater ihm gestellt hatte und für das er schon den halben Central Park umgegraben hat, nicht lösen kann. Außerdem wünscht er sich, dass seine Mutter nicht so laut mit ihrem neuen Freund Ron lachen würde. Oskar hat ein schreckliches Geheimnis, das wie ein Loch in ihm ist und alle Fröhlichkeit aufsaugt: Auf dem Anrufbeantworter hat sein Vater kurz vor seinem Tod in den Twin Towers fünf Nachrichten hinterlassen. Die Mutter darf diese Nachrichten niemals hören, und weil Oskars Aufgabe unter anderem ist, seine Mutter zu beschützen, hat er das Telefon gegen ein baugleiches ausgetauscht und die Nachrichten versteckt. Dann findet er, ein Jahr nach den verheerenden Terroranschlägen, einen seltsamen Schlüssel in den Sachen seines Vaters, in einem Umschlag mit der rätselhaften Aufschrift "Black". Oskar beschließt, das passende Schloss für diesen Schlüssel zu finden. Allerdings kommen nach seinen Berechnungen in New York auf jeden der neun Millionen Einwohner durchschnittlich 18 Schlösser, und Oskar müsste alle 2,77 Sekunden ein Schloss auszuprobieren, um das Rätsel zu lösen … Mit seinem Tamburin macht Oskar sich auf eine Odyssee durch New York, die ihn zu aberwitzigen Abenteuern und skurrilen Gestalten führt.

Jonathan Safran Foer, der mit seinem Debutroman "Alles ist erleuchtet" direkt einen Bestseller schrieb (verfilmt mit Elijah Wood in der Hauptrolle), legt mit "Extrem laut und unglaublich nah" ein Buch nach, das einfach beneidenswert gut ist. Nicht nur sprachlich ist dieser Roman wieder ausgesprochen brillant - sprachgewaltig, sensibel und fantasievoll -, auch der altkluge Oskar, die Hauptfigur, ist eine ganz besondere Schöpfung, die dem Leser sofort ans Herz wachsen muss. In "Extrem laut und unglaublich nah" liegen Tragik und Komik, Schmerz und Lachen so nah beieinander, dass man in einer Sekunde lachen und in der nächsten weinen kann. Parallel zu Oskars Suche wird die Geschichte von Oskars deutschen Großeltern, die nach New York emigrierten, in kurzen, zunächst rätselhaften Rückblicken erzählt. Diese Erzählung der Vergangenheit findet ausschließlich in Form von Briefen statt: Einmal in Briefen von Oskars Oma an Oskar, zum anderen in Briefen von Thomas Schell senior (Oskars Opa) an Thomas Schell junior (Oskars Vater). Somit thematisiert das Buch, ebenso wie "Alles ist erleuchtet", die Suche nach der eigenen Vergangenheit, den eigenen Wurzeln - in diesem Fall geht es auch wieder um deutsche Wurzeln, denn Oskars Vorfahren lebten in Dresden.

Die Anschläge auf das World Trade Center und die daraus resultierenden persönlichen Verluste sind ein schwerer Stoff für ein Buch, und es hätte durchaus daneben gehen können, dies aus der Sicht eines Achtjährigen zu thematisieren, aber Foer hat es geschafft, Amerikas Trauma 9/11 behutsam und subtil in das Geschehen einzubinden. Die Ereignisse werden zunächst nur sichtbar in den fünf Nachrichten des Vaters auf dem Anrufbeantworter, in Oskars vager Angst vor U-Bahnen, Aufzügen und Turbanen - obwohl er kein Rassist ist, wie Oskar versichert - und in dem schmerzhaften Fehlen des über alles geliebten Vaters.

Bei dem hier rezensierten Hörbuch aus dem Argon Verlag handelt es sich nicht um eine ungekürzte Lesung des Romans, sondern um eine autorisierte Lesefassung. Gelesen wird "Extrem laut und unglaublich nah" von dem jungen Nachwuchsschauspieler Alexander Khuon. Seine Stimme erinnert angenehm an die Stimme von David Nathan (dem Synchronsprecher von Johnny Depp), wirkt aber jünger und weniger stark akzentuiert, was ausgezeichnet zu der Romanfigur Oskar und zu den anderen Charakteren passt, die Khuon durch unterschiedliche Lautstärken und Betonungen voneinander trennt. Die Lesung umfasst sechs CDs mit einer Gesamtlänge von 451 Minuten. Optisch weiß das Hörbuch zu überzeugen; die CDs sind einzeln in Papphüllen verpackt und befinden sich in einer stabilen Pappbox, die das schlichte Cover des Romans trägt. Zudem gibt es ein recht ausführliches Booklet, das Informationen zum Autor und zum Sprecher beinhaltet.

Fazit: "Extrem laut und unglaublich nah" ist ein ganz wunderbares Buch, spannend, komisch und bisweilen sehr schmerzhaft. Obgleich es eine fiktive Geschichte ist, liegt ihr reale Zeitgeschichte zugrunde. Foer schreibt auf eine sehr erfrischende Weise, und die von ihm geschaffene Hauptfigur Oskar ist einer der bezauberndsten Protagonisten der letzten Jahre. Die Hörbuchproduktion aus dem Argon Verlag ist eine gelungene Alternative zur Romanfassung, die von Alexander Khuon überzeugend vorgetragen wird. Der Autor Jonathan Safran Foer ist übrigens mit Nicole Krauss, der Autorin von Die Geschichte der Liebe, verheiratet - ein fast beängstigendes Autorenpaar, sind doch beide ausgesprochen jung und geradezu unverschämt begabt.


Christina Liebeck



CD | CD-Anzahl: 6 | Erschienen: 01. Oktober 2005 | ISBN: 3870240121 | Laufzeit: 451 Minuten | Originaltitel: Extremely Loud and Incredibly Close | Preis: 29,95 Euro

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